In der erstgenannten Entscheidung ging es um den Vorwurf, die Angeklagten hätten am 01. und 07.09.2011 bewaffnete Raubüberfälle auf Juweliere begangen.
Grundlage für die mit Beschluss des Justizministeriums von Bosnien und Herzegowina vom 22.12.2011 genehmigte Auslieferung des am 20.12.2011 in Ljubovija festgenommen Angeklagten war der von der Staatsanwaltschaft Wien ausgestellte Europäische Haftbefehl vom 12.12.2011, welcher auf einer gerichtlichen Bewilligung der Anordnung der Festnahme durch das Landesgericht für Strafsachen Wien beruht. Danach stand der Angeklagte im Verdacht, gemeinsam mit anderen Tätern am 07.09.2011 in Wien ein Juweliergeschäft unter Verwendung einer Waffe überfallen und hochpreisige Markenuhren geraubt zu haben, wodurch ein Gesamtschaden von knapp 100.000 Euro entstand.
Die zum Schuldspruch I./ angelastete Tathandlung, das ist der Überfall vom 01.09.2011, ist im Europäischen Haftbefehl nicht erwähnt.
Gemäß Art 14 Abs 1 des hier anzuwendenden Europäischen Auslieferungsübereinkommens vom 13.12.1957, welcher durch das Zweite Zusatzprotokoll zum genannten Übereinkommen vom 17.03.1978 unverändert blieb, und gemäß dem im Wesentlichen gleichlautenden Art 17 Abs 1 des nunmehr für Bosnien und Herzegowina geltenden Vertrags zwischen der Republik Österreich und der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien über die Auslieferung darf die ausgelieferte Person wegen einer anderen, vor der Übergabe begangenen Handlung als jener, die der Auslieferung zugrunde liegt, nicht verfolgt, abgeurteilt, zur Vollstreckung einer Strafe oder Maßnahme der Sicherung und Besserung in Haft gehalten oder einer sonstigen Beschränkung ihrer persönlichen Freiheit unterworfen werden.
Der Beschluss des Justizministeriums der Republik Bosnien Herzegowina vom 22.12.2011 genehmigte die Auslieferung des Angeklagten ausdrücklich nur unter der Bedingung, dass gegen diesen keine Strafverfolgung wegen einer anderen vor der Auslieferung begangenen strafbaren Handlung erfolgen und gegen diesen auch keine Strafe vollzogen werden kann, die wegen einer anderen vor der genehmigten Auslieferung begangenen strafbaren Handlung verhängt wurde. Die unter anderem aus Mitteilungen der Interpol ersichtliche Zustimmung des Angeklagten zur Auslieferung im vereinfachten Verfahren entfaltete daher hier in Ansehung des Spezialitätsgrundsatzes keine Bedeutung.
Das Ersturteil litt daher hinsichtlich Schuldspruch I./ an einem Feststellungsmangel und war daher aufzuheben, da der erwähnte Beschluss in der Hauptverhandlung vorgekommen war.
Aus den Akten war festzuhalten, dass die in Rede stehende Tat in dem vorerwähnten Haftbefehl nicht angeführt war und daher auch die Auslieferungsbewilligung durch Bosnien und Herzegowina dieses Raubfaktum nicht umfasst. Damit stand einem diesbezüglichen Schuldspruch des Angeklagten der Grundsatz der Spezialität der Auslieferung entgegen. Mangels aktenkundigen Hinweises auf ein zum Urteilszeitpunkt noch anhängiges Nachtragsauslieferungsverfahren, war insofern mit Freispruch hinsichtlich des Faktums I./ vorzugehen.
Im zweiten, oben erwähnten Fall, war Grundlage für die Übergabe des Angeklagten die „Auslieferungsbewilligung“ der Generalstaatsanwaltschaft Braunschweig vom 30.09.2011. Die Übergabe wurde zum Zweck der Strafverfolgung wegen der im Europäischen Haftbefehl der Staatsanwaltschaft Leoben vom 06.07.2011 bezeichneten Straftaten bewilligt, wobei auf die Beachtung des Grundsatzes der Spezialität nicht verzichtet wurde.
Die Schuldsprüche C./1./ sowie C./2./ betrafen im Europäischen Haftbefehl nicht verfolgte Sachverhalte. Dies widersprach dem Grundsatz der Spezialität der Übergabe, weil der Angeklagte nur im Hinblick auf das im Schuldspruch D./ erfasste Geschehen auf die Beachtung des Grundsatzes der Spezialität nach § 31 Abs 3 EU-JZG verzichtet und seine Zustimmung zur Verfolgung bestimmter, vor der Übergabe begangener, strafbarer Handlungen nach § 31 Abs 2 Z 5 EU-JZG erklärt hatte. Die Schuldsprüche C./1./ und C./2./ waren somit mit einem prozessualen Verfolgungshindernis im Sinne des § 281 Abs 1 Z 9 lit b StPO behaftet.
Für ein bereits anhängiges Nachtragsübergabeverfahren fanden sich keine aktenkundigen Hinweise, weshalb das angefochtene Urteil in den betroffenen Schuldsprüchen aufzuheben und in der Sache selbst mit einem Freispruch vorzugehen war.
Bei Vorliegen eines sich aus den Bestimmungen über das internationale Strafrecht oder aus den Prinzipien des Auslieferungsverkehrs ergebenden Verfolgungshindernisses ist insbesondere dann sofort mit Freispruch und nicht bloß mit Urteilsaufhebung vorzugehen, wenn ein Auslieferungsverfahren nicht anhängig ist.