Dem Angeklagten wurde vorgeworfen, er habe in Serbien und Ungarn gewerbsmäßig und als Mitglied einer kriminellen Vereinigung im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter mit den abgesondert verfolgten Mittätern sowie unbekannt gebliebenen Tätern in Serbien die rechtswidrige Einreise und Durchreise von Fremden in einen Mitgliedstaat der Europäischen Union, nämlich aus Serbien über Ungarn nach Österreich mit dem Vorsatz gefördert, sich und Dritte durch ein dafür geleistetes Entgelt unrechtmäßig zu bereichern, indem er zwei Kosovaren mit seinem PKW von Serbien nach Ungarn brachte, wobei Ziel der Fahrt Österreich war und diese Schlepperei infolge einer Polizeikontrolle scheiterte.
Gegen diesen Schuldspruch richtete sich eine Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, deren Rechtsrüge zutreffend das Fehlen inländischer Gerichtsbarkeit einwendet.
Nach den in diesem Zusammenhang wesentlichen Feststellungen sollte der Angeklagte zwei Kosovaren in der Nähe der serbisch-ungarischen Grenze abholen und mit dem Pkw nach Wien bringen, wo sie vereinbarungsgemäß von einer Person erwartet wurden. Nachdem die beiden Kosovaren illegal zu Fuß von Serbien nach Ungarn eingereist waren, stiegen sie in den Pkw des Angeklagten ein. Unmittelbar nach der Abfahrt geriet dieser in eine Polizeikontrolle, der er sich durch Flucht entzog. Er ließ die beiden Geschleppten noch in Ungarn aussteigen und wurde nach einer Fahndung bei der versuchten Ausreise von Ungarn nach Serbien festgenommen.
Rechtlich ging das Erstgericht vom Vorliegen „der österreichischen Strafgerichtsbarkeit“ aus, „weil der Erfolg gem § 67 Abs 2 StGB in Österreich hätte eintreten sollen, zumal die Kosovaren über Ungarn nach Österreich und von dort weiter nach Westeuropa geschleppt werden sollten“.
Der Oberste Gerichtshof hat dazu erwogen:
Nach § 62 StGB gelten die österreichischen Strafgesetze für alle Taten, die im Inland begangen worden sind. Tatort ist gemäß § 67 Abs 2 StGB (neben dem Ort der Handlung) auch jeder Ort, an dem ein dem Tatbild entsprechender Erfolg ganz oder zum Teil eingetreten ist oder nach der Vorstellung des Täters hätte eintreten sollen. Aus dem Gesetzeswortlaut und der – mit Blick auf § 64 Abs 1 Z 4 StGB (der auf die Verletzung österreichischer Interessen abstellt) – systematischen Auslegung ergibt sich, dass § 67 Abs 2 zweiter Fall StGB nur an die Verwirklichung eines (Zwischen-) Erfolgs im Sinn des äußeren Tatbestands anknüpft, nicht hingegen an die von der Strafnorm sanktionierte materielle Rechtsgutbeeinträchtigung (sofern diese nicht ohnehin einem tatbildmäßigen Erfolg entspricht) oder an den Bezugspunkt eines im Tatbestand formulierten (erweiterten) Vorsatzes.
Schlepperei nach § 114 Abs 1 FPG ist nach der Rechtsprechung kein Erfolgsdelikt, sondern ein schlichtes Tätigkeitsdelikt. Zur Tatbestandsverwirklichung kommt es auf die rechtswidrige Einreise oder Durchreise eines Fremden (in oder durch einen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder Nachbarstaat Österreichs) nicht an. Vielmehr sind, gleich ob eine solche Ein- oder Durchreise dann stattfindet, auch Verhaltensweisen (weit) im Vorfeld einer – wenn auch bloß angestrebten – rechtswidrigen Migration erfasst.
Bei schlichten Tätigkeitsdelikten, bei denen eine von der Tathandlung zumindest gedanklich abtrennbare Wirkung in der Außenwelt gerade nicht eintritt, scheidet ein „Erfolgs“-eintritt im Inland im Sinn des § 67 Abs 2 zweiter Fall StGB schon begrifflich aus.
Gegen die Anwendbarkeit des § 67 Abs 2 zweiter Fall StGB spricht im Übrigen auch der Umstand, dass der Tatbestand der ausbeuterischen Schlepperei nach § 104a StGB idF vor BGBl I 2000/34 bis zu seinem Außerkrafttreten im Katalog des § 64 Abs 1 Z 4 StGB enthalten war und dies als Voraussetzung der Geltung österreichischer Strafgesetze gesehen wurde, wenn (wie hier) „Personen von einem Staat in einen anderen mit Österreich als Zielland geschleppt werden“. Anlässlich der „Zusammenführung aller Delikte“ betreffend die „Strafbarkeit der Schlepperei“ mit 01.07.2000 (BGBl I 2000/34) wurde § 104a StGB ersatzlos aus dem Katalog des § 64 Abs 1 Z 4 StGB gestrichen. Diese Entscheidung des Gesetzgebers ist zu akzeptieren.
Bleibt der Vollständigkeit halber anzumerken, dass eine Klassifizierung der Schlepperei (auch) als abstraktes Gefährdungsdelikt an diesem Ergebnis nichts ändert. Die abstrakte Gefahr (oder deren Realisierung) ist kein Erfolg im Sinn des § 67 Abs 2 StGB. Ein an diesen anknüpfender Tatort kann sich nur aus dem (geplanten) Eintritt einer im Tatbild formulierten – hier gerade nicht vorausgesetzten – Wirkung in der Außenwelt (nicht jedoch aus der damit verbundenen abstrakten Gefährdung) ergeben.
Mangels Geltung der österreichischen Strafgesetze war der Schuldspruch mit materieller Nichtigkeit behaftet und war daher aufzuheben. Auf Basis der vom Schöffengericht getroffenen Feststellungen war gemäß § 288 Abs 2 Z 3 erster Satz StPO sogleich in der Sache selbst mit Freispruch zu entscheiden.