Raub und viele Vorstrafen – Homeinvasion
Raub und viele Vorstrafen – Homeinvasion: Hier soll der Gang eines Verfahrens als Praxisbeispiel beleuchtet werden. Dazu soll ein wenig erklärt werden, was der Unterscheid zwischen einem Raub und einem schweren Raub ist. Die Konsequenz ist wesentlich, da für schweren Raub 15 statt maximal zehn Jahre Haft (bei „einfachem“ Raub) drohen. Näheres dazu auch hier: https://www.ris.bka.gv.at/
Der konkrete Fall
Ein Angeklagter überfiel, als Postbote getarnt, einen Mann in dessen Wohnung. Dazu zog er sich eine Post-Jacke an und täuschte vor ein Postbote zu sein. Als der Mann, der Wohnungsmieter, ihm die Türe öffnete, drängte er ihn zurück, überwältigte ihn nach einem Gerangel und forderte von ihm Wertgegenstände. Geraubt wurden einige Päckchen Marihuana und 200 Euro. Der Gesamtwert der Beute betrug zirka 3.000 Euro.
Das Opfer sagte bei der Polizei aus, er hätte einen Nothammer und eine schwarze Faustfeuerwaffe beim Räuber gesehen. Das Opfer sagte auch, es wären ihm 2.500 Euro geraubt worden. Geld, das er zuhause gehabt hätte, da er in nächster Zeit einige Ausgaben gehabt hätte.
Begriffe
Homeinvasion: Das Gesetz kennt diesen Begriff nicht. Wohl aber die Judikatur, die sich mit diesem Phänomen auseinandersetzt und sehr streng bestraft. Laut Oberstem Gerichtshof (OGH) liegt dem zugrunde, dass „gegen derartige Angriffe so gut wie keine Vorsicht gebraucht werden kann„. So forderte der OGH bereits 2018 eine strenge strafrechtliche Reaktion auf ein neues kriminelles Phänomen. Damals plante eine Tätergruppe sorgfältig einen Raub zur Nachtzeit zum Nachteil einer betagten Frau. Mit einer eigens angefertigten Leiter wurde die im zweiten Stockwerk befindliche Wohnung erreicht, das schlafende Opfer gefesselt, geschlagen und geknebelt.
Schwerer Raub: Bereits der „einfache“ Raub erfordert Gewaltanwendung oder Drohung gegen eine Person (Strafrahmen bis zu zehn Jahre). Beim schweren Raub verlangt der Gestzgeber den Einsatz einer Waffe oder die Begehung mit einem weiteren Mitglied einer kriminellen Vereinigung (Strafrahmen bis zu 15 Jahre). Weitere Qualifikationen, wie zum Beispiel das Ausmaß der Verletzungen, die das Opfer erlitt, erhöhen den Strafrahmen noch mehr.
Ein Praxisbeispiel finden Sie auch hier: https://rechtsanwalt-strobl.at/2017/12/26/schwerer-raub-vor-dem-ogh-strafverteidiger-anwalt/
Waffe: Der Waffenbegriff im Sinne des Tatbestandes des schweren Raubes meint
Folgen im konkreten Fall
Der Angeklagte wandte jedenfalls Gewalt an. Daher war der Tatbestand des Raubes erfüllt.
Das Gericht konnte nicht feststellen, dass der Aneklagte eine Faustfeuerwaffe bei sich trug. Wohl aber gab der Angeklagte zu, einen Nothammer bei sich am Hosenbund geführt zu haben. Der Angeklagte verwendete diesen jedoch nicht: Er zog ihn weder heraus um damit zu drohen noch setzte er ihn ein um damit den Angegriffenen zu attackieren. Hätte das Gericht also den funktionellen Waffenbegriff für den Nothammer angewandt, wofür viel sprach, immerhin kann man damit sehr leicht Glasscheiben zertrümmern, wäre der konkrete Überfall bereits ein schwerer Raub gewesen.
Es blieb im konkreten Fall daher beim „einfachen“ Raub, wofür dem Angeklagten grundsätzlich bis zu zehn Jahre Freiheitsstrafe drohten. Es kam jedoch deutlich schlimmer:
Strafschärfung wegen Rückfall
Der Angeklagte war bereits acht Mal vorbestraft. Sieben Vorstrafen waren für den aktuellen Raub einschlägig.
Die Bestimmung „Strafschärfung wegen Rückfalls“ verpflichtet das Gericht die Strafbefugnis um 50% zu überschreiten. Dies, wenn der Täter schon zweimal wegen Taten gleicher schädlicher Neigung zu einer Freiheitsstrafe verurteilt wurde und diese wenigstens zum Teil verbüßte. Eine solche frühere Strafe würde grundsätzlich nur dann außer Betracht bleiben, wenn seit ihrer Verbüßung bis zur folgenden Tat mehr als fünf Jahre vergangen sind.
Für den konkreten Fall bedeutete dies, dass das Gericht über den Angeklagten eine Freiheitsstrafe bis zu 15 Jahre verhängen hätte können.
Urteil
Da der Angeklagte von Beginn seiner ersten Aussage an umfassend reumütig geständig war und trotz aller Widrigkeiten des verfahrens, insbesondere den absurden Beschuldigungen seines Komplizen und Mitangeklagten, stets bei seiner Aussage blieb und dadurch einen absolut glaubwürdigen Eindruck hinterließ, konnte das Gericht mit einem Milden Urteil vorgehen.
Weiter konnte vom Gericht mildernd berücksichtigt werden, dass der Angeklagte einen Beitrag zur Wahrheitsfindung leistete.
Daher verhängte das Gericht eine Freiheitsstrafe von bloß sechs Jahren – statt bis zu 15.
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RS0093928; RS0094012;
11 Os 137/17g