Ich bin seit vier Jahren in Österreich und vier Jahre mit einem Österreicher verheiratet und wohne momentan in der Wohnung meines Ehepartners. Können mein Sohn und ich nach der Scheidung in Österreich bleiben oder müssen wir unbedingt Österreich verlassen?
Zusatz Info:
Das Kind, neun Jahre alt, ist nicht adoptiert. Die Frau hat zwei Jahre in Österreich gearbeitet (freier Zugang zum Arbeitsmarkt als Familienangehörige), ist aber jetzt arbeitslos. Einkommen: Arbeitslosengeld (560 Euro), Familienbeihilfe.
Antwort: Fallen die Voraussetzungen für den Familiennachzug weg, was bei Auflösung der Familiengemeinschaft der Fall ist, ist Ihnen ein Aufenthaltstitel auszustellen, dessen Aufenthaltszweck jedenfalls dem bisherigen Aufenthaltszweck entspricht, sofern kein Hindernis vorliegt, wie zB eine Aufenthaltsehe, und die Erteilungsvoraussetzungen erfüllt sind. Zu Letzteren gehören: der Nachweis eines Rechtsanspruchs auf eine Unterkunft, die für eine vergleichbar große Familie als ortsüblich angesehen wird; ein alle Risiken abdeckender Krankenversicherungsschutz; Ihr Aufenthalt darf zu keiner finanziellen Belastung der Republik Österreich führen, dh Sie müssen feste und regelmäßige Einkünfte haben – das kann auch Arbeitslosengeld und Unterhalt sein, in Ihrem Fall cirka 1.000 Euro pro Monat plus Wohnkosten; im Fall eines Verlängerungsantrags müssen nachweisen, dass Sie über ausreichende Deutschkenntnisse verfügen.
Erfüllen Sie diese Voraussetzungen nicht, ist Ihnen dennoch ein Aufenthaltstitel, eine „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“, auszustellen, wenn zB Ihre Ehe aus überwiegendem Verschulden Ihres Ehemannes geschieden wird oder es besonders berücksichtigungswürdige Gründe gibt.
Da die meisten Ehen, cirka 90%, einvernehmlich geschieden werden, fällt in diesen Fällen die erstgenannte Möglichkeit weg, sodass Sie sich bloß auf die besonders berücksichtigungswürdigen Gründe stützen könnten. Ein solcher berücksichtigungswürdiger Grund liegt Insbesondere dann vor, wenn der Fremde Opfer von Gewalt durch den zusammenführenden Ehegatten wurde und gegen diesen eine einstweilige Verfügung erlassen wurde, mit der ihm das Verlassen der Wohnung aufgetragen und die Rückkehr in die Wohnung verboten wurde bzw ihm verboten wurde Kontakt mit dem Opfer aufzunehmen.
Sollten auch diese Gründe nicht vorliegen, bleibt nur noch das Aufenthaltsrecht aus humanitären Gründen zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens iSd Art 8 EMRK. Dabei wird zB beurteilt, die Art und Dauer des bisherigen rechtmäßigen Aufenthaltes, tatsächliches Bestehen eines Familienlebens, Schutzwürdigkeit des Privatlebens, Grad der Integration, Bindungen zum Heimatstaat des Fremden und die strafgerichtliche Unbescholtenheit.
Es gibt also auch trotz der Scheidung grundsätzlich die Möglichkeit Österreich nicht verlassen zu müssen.