Vergewaltigung auf besonders erniedrigende Weise
Zur Vergewaltigung auf besonders erniedrigende Weise soll hier der Prozessgang über zwei Instanzen dargestellt werden. Sexualdelikte machen einen erheblichen Teil des Strafrechts aus. Die rechtliche Auseinandersetzung damit ist aus mehreren Gründen sehr komplex. Einzelheiten zu manchem davon sollen hier erörtert werden. Rechtsquellen dazu sehen Sie hier: https://www.ris.bka.gv.at/
Vorgeschichte
Die Kriminalpolizei ermittelte wegen Einbruchsdiebstählen einer Bande. Dabei entdeckten sie ein 16-jähriges Mädchen als Bandenmitglied. Im Zuge der Recherche zu diesem Mädchen stießen die Ermittler auf Videos, die das Mädchen bei sexuellen Handlungen mit anderen Jugendlichen zeigten.
In etwa zur gleichen Zeit wurden diese Videos dem Vater der 16-jährigen zugespielt. Dieser brachte daraufhin seine Tochter zur Polizei und erstattete Anzeige wegen sexuellem Missbrauch. Im Zuge dessen wurde dann der hier gegenständliche Sachverhalt bekannt.
Sachverhalt
Drei männliche Jugendliche tranken mit der 16-jährigen an einer Tankstelle große Mengen an Alkohol. Nach einiger Zeit beschlossen sie, die dortige Toilette aufzusuchen. Einer der Jugendlichen, mit dem die 16-jährige bereits zuvor mehrmals sexuell verkehrte, verlangte Oralverkehr. Die 16-jährige zierte sich. Deshalb ohrfeigte der auch anwesende, spätere Hauptangeklagte (dessen Fall hier dargestellt wird), das Mädchen. Es blieb jedoch dabei, dass der erste Jugendliche „bloß“ dessen Penis auf die Lippen der 16-jährigen pressen konnte. Einem dritten Jugendlichen, der später als Zeuge geführt wurde, war dies zuviel, weshalb er die Toilette und die Tankstelle verließ.
Im weiteren Verlauf stürzte die 16-jährige zu Boden. Auch sie war erheblich betrunken. Der erste Jugendliche (Erstangeklagter) zog dem Mädchen die Unterhose herunter, entnahm ihrer Vagina einen Tampon und steckte seine Finger in ihre Scheide.
Unmittelbar danach urinierte der Hauptangeklagte auf das Mädchen und filmte dies. Das Video wurde über Snapchat verbreitet.
Verfahrensgang
Das Gericht nahm diese beiden Beschuldigten in Untersuchungshaft – auch weil sie jeweils bereits mehrere Vorstrafen hatten.
Zwecks schonender Vernehmung des Opfers fand eine kontradiktorische Vernehmung statt. Darunter versteht man die Vernehmung von Opfern, denen man den Auftritt in einer Hauptverhandlung nicht zumuten möchte. Der Gesetzgeber sah dies so vor, dass das Opfer in einem Nebenzimmer alleine von einem Richter oder einem Sachverständigen vernommen wird, während im Nebensaal die Beschuldigten, Verteidiger, Staatsanwaltschaft und sonstige Prozessbeteiligte anwesend sind. Diese können via Bildschirm die schonende Vernehmung beobachten. Fragen haben sie an den Richter oder Sachverständigen zu stellen, der diese Fragen anschließend an das Opfer stellt.
Diese Vernehmungsmethode ist aus Verteidigersicht höchst umstritten – aus mehreren Gründen, auf die hier nicht eingegangen werden soll.
Anklage
Drei männliche Jugendliche wurden angeklagt. Für den, wie bereits oben erwähnt, hier interessierenden Drittangeklagten lautete die Anklage auf das Verbrechen der Vergewaltigung unter besonders erniedrigenden Umständen und auf das Verbrechen der schweren Körperverletzung (da er zu einem späteren Zeitpunkt dem Opfer einen kräftigen Faustschlag ins Gesicht versetzte, wodurch diese zu Boden fiel und ein Hämatom am Auge erlitt).
Hauptverhandlung
Zuständig war für diesen Fall ein verstärkter Schöffensenat eines Landesgerichtes. Dieses setzt sich aus zwei Berufsrichtern und zwei Laienrichtern (Schöffen) zusammen.
Die Strafdrohung für den Hauptangeklagten betrug fünf bis 15 Jahre. Dies ergibt sich aus § 201 Abs 2 StGB, der das Tatbestandselement der besonderen Erniedrigung des Opfers enthält.
Die Besonderheit an diesem Fall war, dass den Hauptangeklagten der strengste Vorwurf (der mit der höchsten Strafe bedroht ist) traf, obwohl er selbst keine sexuellen Handlungen vornahm. Jener Angeklagte, der wohl sexuelle Befriedigung anstrebte und daher sexuelle Handlungen vornahm (er wollte den Oralverkehr und steckte dem Mädchen seine Finger in die Vagina) war bloß mit einem Strafrahmen von einem bis zu zehn Jahren bedroht.
Die Angeklagten bekannten sich teilweise schuldig.
Die Hauptverhandlung dauerte über acht Stunden. Es wurden die drei Angeklagten vernommen, mehrere Zeugen, das Video über die kontradiktorische Vernehmung wurde vorgespielt, Plädoyers durch Staatsanwaltschaft und Verteidiger gehalten und letztlich beriet das Gericht und verkündete das Urteil.
Mediales finden Sie hier: https://www.meinbezirk.at/tulln/c-lokales/vergewaltigung-auf-oeffentlicher-toilette_a6233559
Urteil
Der Hauptangeklagte erhielt acht Jahre Freiheitsstrafe.
Das Gericht berücksichtigte erschwerend (Erschwernisgründe) drei einschlägige Vorstrafen, den raschen Rückfall sowie das Zusammentreffen zweier Verbrechen; mildernd die Tatbegehung im Alter von unter 21 Jahren sowie den Umstand, dass es hinsichtlich der schweren Körperverletzung beim Versuch blieb.
Rechtsmittel
Der Hauptangeklagte wollte das Urteil nicht akzeptieren. Daher brachte er über seinen Verteidiger in Strafsachen beziehungsweise auf Strafrecht spezialisierten Rechtsanwalt (eine Verteidigung durch einen solchen Spezialisten ist in jeder Strafsache dringend zu empfehlen – sehen Sie dazu beispielsweise hier: https://rechtsanwalt-strobl.at/2024/04/07/sprachverlust-nach-schlaegerei-freispruch/) eine Nichtigkeitsbeschwerde an den Obersten Gerichtshof ein.
Diese Nichtigkeitsbeschwerde gründete sich im Wesentlichen auf die Bekämpfung der Abweisung eines beantragten Sachverständigengutachten zum Zustand des Hauptangeklagten, der vorgab, durch Alkohol massiv beeinträchtigt gewesen zu sein. Der Oberste Gerichtshof verwarf die Nichtigkeitsbeschwerde.
Da der Angeklagte auch der Meinung war, die Strafe wäre zu hoch gewesen, wurde auch das Oberlandesgericht bemüht. Dieses bestätigte die Strafhöhe unter Hinweis auf die massive Vorbelastung durch mehrere Verurteilungen (Vorstrafen). Darunter fand sich insbesondere eine zweijährige Haftstrafe wegen Raub.
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Vergewaltigung auf besonders erniedrigende Weise
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