Seit einigen Jahren findet sich in Österreich verstärkt die Anwendung des Suchtmittelgesetzes (SMG) auf die „Kath-Pflanze“ bzw deren Substanzen.
Unter Kath versteht man die Zweigspitzen und jungen Blätter des Kathstrauchs, die als leichtes Rauschmittel konsumiert werden. Die Wirkung ist vergleichbar mit Koffein. Die Kathblätter werden einzeln vom Strauch geerntet und im Mund zerkaut. Die Blätter werden zerkaut oder langsam hinuntergeschluckt. Beim Kauen der Kathblätter wird hauptsächlich der Wirkstoff Cathin, ein Amphetamin, aufgenommen. Ein weiterer Wirkstoff ist Cathinon. Kathblätter muss bald nach dem Pflücken konsumiert werden, da sie cirka innerhalb von zwei Tagen vertrocknen und ihre Wirkung verlieren. Der Kath-Strauch wird vorwiegend in Kenia, Oman, Jemen und Äthiopien angebaut.
Im gegebenen Anlassfall hatte jemand 110 kg (brutto), beinhaltend 33 g Cathinon und 55 g Cathin, Kath-Blätter aus Äthiopien mit dem Flugzeug nach Österreich eingeführt.
Über den Einführenden wurde wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 und Abs 2 Z 3 SMG und des Verbrechens des Handels mit psychotropen Stoffen nach § 31a Abs 1 und Abs 2 SMG die Untersuchungshaft aus den Haftgründen der Flucht-, Verdunkelungs- und Tatbegehungsgefahr verhängt.
Die Untersuchungshaft wurde angefochten, letztlich mit der hier gegenständlichen Grundrechtsbeschwerde vor dem OGH, die im Wesentlichen folgenden Inhalt hatte: Die vom Beschwerdeführer nach Österreich eingeführten „Kath-Stauden“ würden zwar möglicherweise Suchtgift (Cathinon) und psychotrope Stoffe (Cathin) beinhalten, doch wären diese verbotenen Substanzen noch nicht aus den Pflanzen bzw Pflanzenteilen abgesondert worden. Da die Beschränkungen betreffend den Besitz, den Handel und die Einfuhr verbotener Substanzen nach § 2 Abs 4 SMG nur für Mohnstroh und die Cannabispflanze gelten würden, stünden der Besitz und die Einfuhr von Blättern oder sonstigen Teilen des „Kath-Strauchs“ solange nicht unter Strafe, als die (verbotenen) Substanzen aus diesen Pflanzen oder aus deren Teilen nicht abgesondert oder gewonnen wurden.
Der OGH hatte dazu erwogen:
Suchtgifte im Sinn des SMG sind gemäß § 2 Abs 1 leg cit Stoffe und Zubereitungen, die durch die Einzige Suchtgiftkonvention 1961, BGBl 1978/531 (ESK), Beschränkungen hinsichtlich der Erzeugung (Gewinnung und Herstellung), des Besitzes, Verkehrs, der Ein-, Aus- und Durchfuhr, der Gebarung oder Anwendung unterworfen und mit Verordnung der Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend (taxativ) als Suchtgifte bezeichnet sind.
Als Suchtgifte im Sinn des SMG gelten nach dessen § 2 Abs 2 ferner Stoffe und Zubereitungen, die durch die Psychotropenkonvention 1971, BGBl III 1997/148, Beschränkungen iSd Abs 1 unterworfen, in den Anhängen I und II dieses Übereinkommens enthalten und im Hinblick darauf, dass sie aufgrund ihrer Wirkung und Verbreitung ein den Suchtgiften iSd Abs 1 vergleichbares Gefährdungspotenzial aufweisen, mit Verordnung der Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend Suchtgiften gleichgestellt sind. Dazu zählen nach § 1 Abs 2 SV (ua) die im Anhang V.1. dieser VO erfassten Stoffe und Zubereitungen, darunter auch Cathinon, dessen Grenzmenge (§ 28b SMG) laut Punkt 4. des Anhangs zur SGV mit 4 g festgesetzt ist.
Psychotrope Stoffe im Sinn des SMG sind zufolge § 3 Abs 1 leg cit Stoffe und Zubereitungen, die durch die Psychotropenkonvention 1971 Beschränkungen iSd § 2 Abs 1 SMG unterworfen, in den Anhängen III und IV dieses Übereinkommens enthalten und mit Verordnung der Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend als psychotrope Stoffe bezeichnet sind. Gemäß § 1 Abs 1 PV sind dies die im Anhang dieser Verordnung erfassten Stoffe, darunter (in Punkt 1.) Cathin, dessen Grenzmenge (§ 31b SMG) laut Punkt 1. im Anhang zur PGV 8 g beträgt.
Daher stand der Beschwerdeführer im Verdacht von „Kath-Pflanzen“ abgetrennte Zweigspitzen mit Blättern, die 33 g Cathinon, daher Suchtgift iSd § 2 Abs 2 SMG, in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) mehrfach übersteigenden Menge, und 55 g Cathin – demnach einen psychotropen Stoff (§ 3 Abs 1 SMG) – in einer die Grenzmenge (§ 31b SMG) ebenfalls mehrfach übersteigenden Menge enthielten, von Äthiopien mit dem Flugzeug nach Österreich eingeführt und insoweit die (hafttragenden) Tatbestände der §§ 28a Abs 1 zweiter Fall, 31a Abs 1 zweiter Fall SMG verwirklicht zu haben.
Der auf § 2 Abs 4 SMG bezogene Einwand, wonach nur die dort genannten Pflanzen den in Abs 1 leg cit angeführten Beschränkungen unterliegen, nicht aber sonstige (wie hier „Kath-Stauden“), aus welchen die verbotene Substanz noch nicht „abgesondert“ oder „gewonnen“ wurde, schluäg fehl, zumal sich diese Bestimmung auf Mohnstroh und die Cannabispflanze, somit auf solche Pflanzen oder Pflanzenteile bezieht, bei welchen es sich per se um keine Suchtgifte handelt. Denn der Begriff „Mohnstroh“ umfasst alle Teile (außer den Samen) des Opiummohns nach dem Mähen (vgl Art 1 Abs 1 lit r ESK), wobei Suchtgift hier erst dann vorliegt, wenn dem Mohnstroh durch weitergehende besondere Behandlung – etwa durch Auskochen – das Mohnstrohkonzentrat entzogen wurde. Die Cannabispflanze wiederum enthält erst dann den – ein Suchtgift iSd § 2 Abs 1 SMG darstellenden (vgl Anhang V.1. zur SV) – Wirkstoff THC, wenn sie Blüten- oder Fruchtstände gebildet hat. Mit der Bestimmung des § 2 Abs 4 SMG wird demnach bei den dort genannten Pflanzen nicht das Ende des Reife- bzw des Verarbeitungsprozesses abgewartet, sondern der Geltungsbereich des SMG auf Mohnstroh und die Cannabispflanze ausgedehnt, um solcherart den Missbrauch von Cannabis und Mohnstrohkonzentrat effektiv hintanhalten zu können.
Hingegen stellt sich im vorliegenden Fall die Frage eines weiteren Reife- oder Verarbeitungsprozesses nicht, weil – den unwidersprochenen Sachverhaltsannahmen des Beschwerdegerichts zufolge – die von § 2 Abs 1 und § 3 Abs 1 SMG erfassten und demnach verbotenen Substanzen in den sichergestellten Pflanzenteilen bereits enthalten sind und ihr Konsum weder einer besonderen weiteren „Gewinnung“ der von den Trägerpflanzen bereits abgetrennten „Kath-Stauden“ (BS 3: „Zweigspitzen und junge Blätter des Kathstrauchs“) noch deren weiterer Bearbeitung bedarf, sondern allein durch Kauen dieser Blätter und anschließendes Schlucken des austretenden Saftes unmittelbar erfolgt.
Das Suchtgift Cathinon und der psychotrope Stoff Cathin sind daher bereits mit dem Abernten (= mechanische Trennung der Zweigspitzen und Blätter von der lebenden Kath-Pflanze) als erzeugt (gewonnen) anzusehen, sodass sie in dieser Gestalt Gegenstand der weiteren Begehungsformen der genannten strafbaren Handlungen sein können.
Würde man die Meinung vertreten, dass die genannten Suchtmittel in der praktisch bedeutsamen Anwendung erst durch den Konsum erzeugt und besessen werden, hätte dies die kriminalpolitisch unvertretbare Konsequenz, dass nur der (sich selbst schädigende) Konsument als unmittelbarer Täter strafbar wäre, die fremdschädigenden Begehungsformen der Ein- und Ausfuhr sowie des in Verkehr Setzens größerer Mengen des konsumfertigen Produkts hingegen nicht wirksam oder, sofern der spätere Endabnehmer noch nicht ins Versuchsstadium des Konsums eingetreten ist, gar nicht erfasst wären.
Im Rahmen der gebotenen amtswegigen Überprüfung der rechtlichen Subsumtion verdient überdies die durch die SMG-Novelle 2007, BGBl I 2007/110, in den Rechtsbestand aufgenommene Bestimmung des § 27 Abs 1 Z 3 SMG Beachtung. Danach handelt iSd § 27 Abs 1 SMG (auch) tatbestandsmäßig, wer vorschriftswidrig psilocin-, psilotin- oder psilocybinhältige Pilze einem anderen anbietet, überlässt, verschafft oder zum Zweck des Suchtgiftmissbrauchs anbaut. In den bezughabenden Gesetzesmaterialien wird mit Blick darauf, dass die Stoffe Psilocin, Psilotin und Psilocybin im Anhang V.1. der Suchtgiftverordnung zwar aufgelistet, aber Pflanzen, die diese Substanzen enthalten, nicht ausdrücklich genannt sind, der Standpunkt vertreten, „dass Pilze als Organismen nach dem strengen Wortlaut der SV eigentlich nicht vom Suchtmittelregime umfasst und daher auch nicht als Suchtgift zu behandeln wären, weil es sich dabei weder um die in der SV genannten Stoffe in Substanz, noch um eine Zubereitung daraus handelt“.
Eine abschließende Regelung der Frage, ob von lebenden Pflanzen abgeerntete Bestandteile derselben, die verbotene Substanzen im Sinn der SV oder der PV enthalten, grundsätzlich nur soweit dem Regelungsregime des SMG unterstehen, als diese Pflanzen in der SV oder der PV auch ausdrücklich genannt sind, lässt sich aus § 27 Abs 1 Z 3 SMG nicht erkennen. Vielmehr zielt die in Rede stehende Bestimmung darauf ab, den besonderen Umständen bei derartigen Pilzen – die (auch in Österreich) in der freien Natur wachsen oder in speziellen Aufzuchtsboxen unter bestimmten Bedingungen selbst gezüchtet und nach der Ernte ohne vorherige Trennung des Inhaltsstoffes bzw des Suchtgiftes von der „Pflanze“ als Ganzes konsumiert werden können – Rechnung zu tragen und deren rechtliche Qualifikation insoweit abschließend klarzustellen, dass nur das Anbieten, Überlassen oder Verschaffen sowie der Anbau zum Zweck des Suchtgiftmissbrauchs vom strafrechtlichen Suchtmittelregime umfasst sein sollen.
Ein Umkehrschluss dahingehend, dass damit sämtliche Tathandlungen – somit auch jene Begehungsweisen, die über eigene Gewahrsamserlangung hinausgehen und mit der Gefahr der Weiterverbreitung verbunden sind – bezogen auf abgeerntete Bestandteile von allen Pflanzen, die eine der in der SV oder in der PV aufgezählten Substanzen enthalten, ohne dort selbst erwähnt zu sein, straflos wären, lässt sich aus der Sonderregelung des § 27 Abs 1 Z 3 SMG jedenfalls nicht ziehen.
Da demnach auch abgeerntete cathinon- und cathinhältige Bestandteile von „Kath-Stauden“ den Beschränkungen des SMG unterliegen, bieten die Sachverhaltsannahmen des Oberlandesgerichts eine ausreichende Grundlage, die dem Angeklagten dringend angelasteten Taten unter das SMG zu subsumieren.
Der Beschwerdeführer wurde daher im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.