Mehrere Schulleiter standen im Verdacht, für ihre Schulen von einem Fotografen Zuwendungen erhalten zu haben, da sie ihm ermöglicht hatten, in den von ihnen geleiteten Schulen die Schulfotos zu machen.
Dass die beschuldigten Amtsträger diese Geld- und Sachleistungen für sich behalten und sich dadurch persönlich bereichert hätten, habe sich nicht ergeben.
Die Zentrale Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption (WKStA) hatte wegen des Vergehens der Bestechlichkeit die geführten Ermittlungsverfahren gegen drei Beschuldigte „gemäß § 190 Ziffer 2 StPO“ eingestellt.
Den Schulen waren Geld- und Sachzuwendungen zugekommen.
Bei allen drei Beschuldigten seien die Eltern jeweils über das Schulforum in Kenntnis der Zuwendungen an die Schule und in die Auswahl des Fotografen eingebunden gewesen.
Rechtlich begründete die WKStA die Einstellung folgendermaßen:
Die Beschuldigten hätten als Schulleiter für die Vornahme von Amtsgeschäften, das sind „die Erteilung des Auftrages an den jeweiligen Schulfotografen“ sowie, im Rahmen der Hoheitsverwaltung, die Gewährung des Zutritts zur Schule und die organisatorische Abwicklung in Form der Beaufsichtigung der Schüler während der Schulfotoaktion, Vorteile für einen Dritten, die Schulen, sich versprechen lassen und angenommen. Die Geld- und Sachleistungen stellten tatbildliche Vorteile dar, weil – unter anderem wegen der zugesagten hoheitlichen Handlungen – kein „einem zivilrechtlichen Vertrag zugänglicher Leistungsaustausch“ vorliege, die Schulen demnach auf sie keinen rechtlich begründeten Anspruch gehabt hätten. Das Schulorganisationsgesetz sei keine ausreichende Rechtsgrundlage, weil die Schulfotoaktionen während der Unterrichtszeit stattgefunden und mit der dort geregelten Schulraumüberlassung „nichts gemein“ gehabt hätten und weil es bloß „um die Drittmittelverwendung und nicht um deren Generierung“ gehe. Eine parteiliche, nicht am Sachlichkeitsgebot, sondern an den Geld- und Sachleistungen orientierte Vornahme von Amtsgeschäften sei grundsätzlich pflichtwidrig. In den die drei Beschuldigten betreffenden Sachverhalten sei aber jeweils das Schulforum in Kenntnis dieser Zuwendungen in die Auswahl des Schulfotografen eingebunden gewesen. Daher sei „die Auftragsvergabe nicht von der Zahlung der Provisionen abhängig“ gewesen, „sondern von der Auswahl durch das Schulforum“, weshalb „Pflichtwidrigkeit“ und damit strafbares Handeln im Sinn des § 304 Abs 1 StGB „nicht nachweisbar“ sei.
Zur angefochtenen Einstellung durch die WKStA hat der OGH entschieden:
Der Bestechlichkeit nach § 304 StGB macht sich strafbar, wer als Amtsträger einen Vorteil für sich oder einen Dritten für die pflichtwidrige Vornahme oder Unterlassung eines Amtsgeschäfts fordert, annimmt oder sich versprechen lässt. Der Tatbestand stellt daher auf eine spezifische Verknüpfung von Vorteil und Amtsgeschäft ab; fehlt eines dieser Elemente, kommt Strafbarkeit nach diesem Tatbestand nicht in Betracht.
Geschütztes Rechtsgut sind die Sauberkeit und Unverkäuflichkeit der Amtsführung. Das Vermögen (von Gebietskörperschaften, sonstigen Personen des öffentlichen Rechts oder des Vorteilsgebers) wird durch andere Tatbestände geschützt.
Lehrer und Schulleiter sind Amtsträger im Sinn des § 74 Abs 1 Z 4a lit b StGB und können daher Subjekte des Tatbestands der Bestechlichkeit sein.
Hoheitsverwaltung ist von Privatwirtschafts-verwaltung danach abzugrenzen, ob der Staat zur Erreichung seiner Ziele die ihm auf Grund seiner spezifischen Macht gegebene einseitige Anordnungsbefugnis gebraucht, demnach als Träger dieser besonderen Befehls- und Zwangsgewalt auftritt.
Von Erscheinungsformen schlichter Hoheitsverwaltung abgesehen liegt hingegen Privatwirtschaftsverwaltung vor, wenn der Staat in Rechtsformen des Privatrechts handelt.
Typischerweise der Privatwirtschaftsverwaltung zuzuordnen sind Beschaffungsvorgänge oder Verträge über Sponsoringleistungen. Unter Verwaltungs-Sponsoring sind Unterstützungsleistungen zu verstehen, bei denen der Zuwendende, anders als bei unentgeltlichen Spenden oder Schenkungen, eine Gegenleistung, im Wesentlichen in Form von Werbeeffekten, anstrebt.
Unter Vorteil im Sinn der Korruptionstatbestände sind materielle wie immaterielle Leistungen, die zu einer Verbesserung der wirtschaftlichen, rechtlichen, gesellschaftlichen oder beruflichen Stellung des Annehmenden führen, zu verstehen.
Aus der Anwendbarkeit des Privatrechts auf im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung getroffene Vereinbarungen folgt auch, dass die Bewertung von Leistung und Gegenleistung grundsätzlich in die Privatautonomie der Vertragsparteien fällt.
Tatbildlich sind auch Vorteile, die der Amtsträger für einen Dritten fordert, annimmt oder sich versprechen lässt.
Ob der Amtsträger die Zuwendung für sich selbst oder die Behörde fordert, annimmt oder sich versprechen lässt, ist allerdings für die Beurteilung des Vorliegens eines Austauschverhältnisses von entscheidender Bedeutung.
Die Beschuldigten haben einem Unternehmen gewerbliche Tätigkeit in Form der Durchführung von „Schulfotoaktionen“ in Schulen während der Unterrichtszeit ermöglicht. Der Abschluss dieser Verträge, die Elemente der Schulraumüberlassung sowie der Gestattung von Werbung und unternehmerischer Tätigkeit (vergleichbar der Aufstellung von Speise- und Getränkeautomaten oder von Kopiergeräten) verbinden, gehört zum Aufgabenbereich ihrer umfassenden Kompetenz als Schulleiter und erfolgt im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung.
Den gegenständlichen Zuwendungen stehen daher Gegenleistungen der von den Beschuldigten vertretenen Schulen, jedenfalls in Form der Schulraumüberlassung, Einräumung einer Geschäftschance und damit eines Werbeeffekts, im Austauschverhältnis gegenüber. Sie stellen daher keinen korruptionsstrafrechtlich relevanten Vorteil dar.
Entgegen der Ansicht der Staatsanwaltschaft ist auf Basis ihrer Sachverhaltsannahmen insbesondere auch nicht davon auszugehen, dass die Verknüpfung von Zuwendungen mit der Leistung von Amtsgeschäften im Rahmen der Hoheitsverwaltung vereinbart worden wäre. Zwar handelt es sich bei Unterrichtsarbeit und Beaufsichtigung der Schüler um Tätigkeiten im Rahmen der Hoheitsverwaltung. Dass aber die Beschuldigten, im Austausch gegen die Zuwendungen, in Aussicht gestellt hätten, Lehrer würden im Rahmen ihrer hoheitlichen Tätigkeit durch Amtsgeschäfte auf die Schüler im Sinn einer Teilnahme an der Schulfotoaktion einwirken, ist den Sachverhaltsannahmen nicht zu entnehmen. Dies lässt sich allein aus der Durchführung der Schulfotoaktionen während der genannten Zeiten, in denen Lehrer Schüler zu beaufsichtigen haben, nicht ableiten.
Fallbezogen hat es bereits am tatbildlichen Vorteil gefehlt.
Die Einstellung des Ermittlungsverfahrens verletzt daher, indem sie sich auf § 190 Z 2 StPO stützte, das Gesetz in dieser Bestimmung und in § 304 StGB. Die Einstellung hätte rechtsrichtig, weil auf Basis des geklärten Sachverhalts, die dem Ermittlungsverfahren zugrundeliegenden Taten nicht mit gerichtlicher Strafe bedroht sind, gemäß § 190 Z 1 StPO erfolgen müssen.
Der Unterschied ist entscheidend: Z 2 stellt auf mangelnde fakten ab, Z 1 hingegen darauf, dass trotz vorliegender, umfassender Fakten, die Tat schlicht nicht strafbar ist.
Bleibt mit Blick auf noch anhängige Ermittlungsverfahren wegen ähnlicher Konstellationen anzumerken, dass bei Prüfung der Strafbarkeit das Vorliegen der subjektiven Tatseite in Bezug auf sämtliche Tatbestandsmerkmale, insbesondere auch den Vorteil zu prüfen ist. Sollte sich die Unwirksamkeit von Schulleitern geschlossener Verträge ergeben, könnte sich, bei bereits erbrachter Gegenleistung durch Schulen, eine taugliche zivilrechtliche, Vorteil ausschließende Anspruchsgrundlage im Bereicherungsrecht finden.