Der Angeklagte soll als Mitglied einer Regierung, mithin als Beamter, „mit dem Vorsatz, dadurch seine Gebietskörperschaft an deren Vermögensrechten und an deren konkreten Recht auf Überprüfung der Gebarung auf ihre Richtigkeit, Zweckmäßigkeit, Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit sowie der Gesetzmäßigkeit der beauftragten Leistungen zu schädigen, seine Befugnis, im Namen der Gebietskörperschaft als deren Organ in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, dadurch wissentlich missbraucht, dass er entgegen der haushaltsrechtlichen Vorgaben, das ihm zugewiesene Budget ausschließlich aus sachlichen Gründen und zu im Interesse der Gebietskörperschaft liegenden Zwecken zu verwenden, seinem ihm nachgeordneten Referenten die Weisung erteilte, die sachliche und rechnerische Richtigkeit“ von sechs, in der Anklage näher bezeichneten Rechnungen zweier Unternehmen „zu bestätigen und in weiterer Folge ihre Bezahlung aus Mitteln der Gebietskörperschaft zu veranlassen, obwohl die darin verzeichneten Leistungen nicht oder nur teilweise erbracht worden waren und nachdem er die Rechnungen selbst abgezeichnet hatte“, wodurch ein Vermögensschaden der Gebietskörperschaft von insgesamt etwa 23.000 Euro herbeigeführt worden sei.
Durch den in der Anklagebegründung näher dargestellten Sachverhalt habe der Angeklagte, seinen Referenten damit beauftragt, „Geld für die Partei bzw seinen persönlichen Wahlkampf zu organisieren“. In Umsetzung dieses Vorhabens habe der Referent den Verantwortlichen eines Medienunternehmens aufgefordert, überhöhte Rechnungen für die Schaltung von Inseraten und die Herausgabe von Publikationen an die Gebietskörperschaft auszustellen. Der Angeklagte habe diese Rechnungen unterfertigt und das weitere Vorgehen verfügt. In Erfüllung seiner Weisungen habe der Referent die Richtigkeit der Rechnungen bestätigt und die Auszahlung der Rechnungssummen veranlasst, obwohl keine entsprechenden Leistungen dieser Unternehmen zugrunde gelegen seien. Die missbräuchlich ausgezahlten Beträge seien schließlich für den Angeklagten und dessen Partei verwendet worden.
Der Oberste Gerichtshof äußerte letztlich gegen diese Anklageschrift, dass die darin geäußerte Rechtsansicht, dass „befugnismissbräuchliche Weisungserteilungen im Sinn des Art 20 Abs 1 B-VG (auch in Angelegenheiten der Privatwirtschaftsverwaltung) unter § 302 Abs 1 StGB zu subsumieren sind“, diese Bestimmung verletzt:
Der Tatbestand des Missbrauchs der Amtsgewalt setzt Fehlgebrauch der Befugnis „in Vollziehung der Gesetze“, also im Rahmen der Hoheitsverwaltung, voraus. Hoheitsverwaltung liegt jedenfalls dann vor, wenn der Beamte typisch hoheitliche Rechtsformen (Verordnung, Bescheid, Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt) gebraucht. Davon abgesehen sind Amtsgeschäfte (etwa tatsächliche Verrichtungen) der Hoheitsverwaltung zuzurechnen, wenn sie einen spezifischen Zusammenhang zu Hoheitsakten aufweisen.
Die Weisung im Sinn des Art 20 Abs 1 B-VG wird als Erscheinungsform typisch hoheitlichen Verwaltungshandelns gesehen. Sie ist ein interner Akt der Verwaltungsorganisation und wird als generelle oder individuelle, abstrakte oder konkrete Norm, die an einen dem Weisungsgeber untergeordneten Organwalter der Verwaltung (oder mehrere) ergeht, definiert. Sie ist stets hoheitlich, unabhängig davon, ob der Weisungsgeber oder der Angewiesene öffentlich-rechtlich oder zivilrechtlich (etwa als Vertragsbediensteter) bestellt ist und ob die von der Weisung betroffene, (nach außen) wahrzunehmende Verwaltungsaufgabe in hoheitlichen oder privaten Formen zu erfüllen ist.
Mit dieser Einordnung der Weisung ist die hier zu lösende Frage, ob die zu nicht-hoheitlichem Handeln des Angewiesenen erteilte Weisung § 302 Abs 1 StGB zu subsumieren ist, noch nicht beantwortet. Zwar ist die Weisung tatbildliches Amtsgeschäft; der Tatbestand setzt jedoch zudem eine Außenwirkung der (wissentlich rechtswidrigen) Anordnung (oder Unterlassung) dergestalt voraus, dass sie zur Verletzung subjektiver Rechte oder Beeinträchtigung eines staatlichen Anspruchs, bestimmte Regelungszwecke (durch hoheitlichen Gesetzesvollzug) zu erreichen, führen soll. Internes (Verwaltungs-) Handeln ist daher unter dem Aspekt von Missbrauch der Amtsgewalt nicht isoliert, sondern im Kontext der Außenwirkung zu beurteilen. Die Rechtsprechung subsumierte missbräuchliche Weisungen schon bisher nur dann § 302 StGB, wenn ihr Inhalt auf hoheitliches Handeln gerichtet war oder sie – aus Sicht des Weisungsgebers – im Zusammenhang mit (jedenfalls) hoheitlicher Aufgabenerfüllung erteilt wurden. Bei Weisungen zur Privatwirtschaftsverwaltung nahm sie hingegen Strafbarkeit nach § 153 StGB an (siehe auch „Handlungen gegenüber untergebenen Beamten“ [sollen] nur „dann als von der Amtsgewalt getragen“ gelten, „wenn die Anweisung selbst einen hoheitlichen Akt bezweckt“).
Folgende Überlegung im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Sachverhalt unterstreicht die Richtigkeit dieses eigenständigen strafrechtlichen Ansatzes:
Der angewiesene Organwalter, der missbräuchlich überhöhte, an die Gebietskörperschaft im Zusammenhang mit deren privatwirtschaftlicher Tätigkeit gelegte Rechnungen bezahlt und ihr dadurch einen Vermögensschaden zufügt, begeht (wenn er mit entsprechendem Vorsatz handelt) Untreue. Gleiches gilt für den vorgesetzten Beamten, der die Zahlungen selbst (im Rahmen seiner Befugnis) vornimmt. Strafbarkeit dieses Vorgesetzten wegen Missbrauchs der Amtsgewalt, wenn er die Zahlung durch Weisung veranlasst, bedürfte – schon mit Blick auf die höhere Grundstrafdrohung und die niedrigere Qualifikationsgrenze (§ 302 Abs 2 zweiter Fall im Verhältnis zu § 153 Abs 3 zweiter Fall StGB) – einer sachlichen Rechtfertigung. Der Staat ist im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung Privaten zwar nicht in jeder Hinsicht gleichgestellt. Ein Bedürfnis, ihn (im Verhältnis zu privaten Machthabern) strafrechtlich in besonderer Weise gegen schädigende Vertretungsmissbräuche abzusichern, ist jedoch nicht ersichtlich. Das Vermögen des Staates ist durch Strafbarkeit der nach außen wirksamen Vertretungshandlung durch § 153 StGB geschützt. Dazu kommt die (fakultative) Strafschärfung des § 313 StGB für den Beamten, der eine solche strafbare Handlung unter Ausnützung der ihm durch seine Amtstätigkeit gebotenen Gelegenheit begeht. Ein (davon abgrenzbares) spezifisch durch die Weisung verwirklichtes Unrecht als sachliche Rechtfertigung einer strengeren strafrechtlichen Reaktion ist nicht fassbar. Denn die Weisung greift nicht in subjektive Rechte des untergeordneten Beamten ein, und das auch den Verwaltungsinnenbereich erfassende Recht des Staates auf pflichtgemäße Amtsausübung kommt als Bezugspunkt des Schädigungsvorsatzes nach § 302 Abs 1 StGB nicht in Betracht.
Zusammenfassend gilt daher: Missbräuchliche Weisungen zu nicht-hoheitlichem Verwalten des Angewiesenen sind nicht dem Tatbestand des Missbrauchs der Amtsgewalt zu subsumieren.
Bleibt anzumerken, dass der Anklagesachverhalt die Annahme von Befugnismissbrauch im Rahmen der Hoheitsverwaltung auch sonst nicht indiziert. Die erwähnte (weisungsgemäß vorgenommene) Bestätigung der sachlichen und rechnerischen Richtigkeit der (überhöhten) Rechnungen diente nach der Darstellung in der Anklagebegründung lediglich der Vorbereitung ihrer Bezahlung (im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung). Über eine unrichtige (nicht voranschlagswirksame) Verbuchung dieser Vorgänge oder eine Befugnis des Angeklagten im Rahmen der Buchhaltung der Gebietskörperschaft ist auf dieser Grundlage noch nichts gesagt. Im Übrigen ist derzeit auch nicht ersichtlich, inwieweit die Gebietskörperschaft dadurch an ihrem „konkreten Recht auf Überprüfung der Gebarung“ geschädigt worden sein soll.
Die Gesetzesverletzung wirkte sich insoweit aus, als die sachliche Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts amtswegig wahrzunehmen war. Der Oberste Gerichtshof sah sich daher veranlasst, von der Befugnis nach § 292 letzter Satz StPO Gebrauch zu machen, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache gemäß § 215 Abs 4 StPO dem Einzelrichter eines Landesgerichts zuzuweisen.