Dem Angeklagten wurde vorgeworfen, er habe während cirka zweier Monate als Mitglied einer kriminellen Vereinigung, der noch mindestens neun weitere Mitglieder angehört hätten, Suchtgift in einer die Grenzmenge mehrfach übersteigenden Menge, nämlich zumindest 900 Gramm Cannabiskraut mit einem Reinheitsgehalt von zumindest neun Prozent, unbekannt gebliebenen Abnehmern in wiederholten Angriffen durch gewinnbringenden Verkauf zu einem noch festzustellenden Grammpreis überlassen.
Von diesem Vorwurf wurde der Angeklagte freigesprochen.
Den anderen Mitgliedern wurden mehrere Delikte vorgeworfen, darunter das Überlassen von die Grenzmenge übersteigenden Suchtgiftmengen und das vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften wie das Überlassen von mehreren Kilogramm Cannabiskraut wobei jedem Angeklagten cirka 1,5 Kilogramm angelastet wurden.
Dafür wurden die Angeklagten in erster Instanz schuldig gesprochen.
Aufgrund einer eingebrachten Nichtigkeitsbeschwerde überzeugte sich der Oberste Gerichtshof (OGH), dass dem Erstgericht wesentliche Fehler unterlaufen waren, weshalb das Urteil aufgehoben und das Erstgericht, hinsichtlich des zugrunde liegenden Verhaltens mittels Diversionen nach dem Suchtmittelgesetz (SMG) vorzugehen hat:
Die Tatrichter stellten fest, ein Angeklagter habe „die im Spruch genannte Menge Cannabis … zum Eigenkonsum“ bezogen. Konstatierungen, wonach der genannte Angeklagte Suchtgift an andere überlassen hätte, finden sich in den Entscheidungsgründen hingegen nicht. Demzufolge mangelt es an der erforderlichen Tatsachengrundlage für die vom Erstgericht vorgenommene Unterstellung der Tat.
Liegen hinsichtlich einzelner Schuldspruchfakten die Voraussetzungen für eine diversionelle Erledigung nach SMG und hinsichtlich anderer Schuldsprüche vor, prävaliert die einheitliche, alle Suchtmitteldelikte betreffende (eine Probezeit und einheitliche Begleitmaßnahmen vorgebende) diversionelle Erledigung nach dem SMG.
Unter Berücksichtigung der unbekämpft gebliebenen, auf Grundlage der tatrichterlichen Feststellungen nicht zu beanstandenden Verurteilung eines Angeklagten wegen des zum ausschließlich persönlichen Gebrauch erfolgten Erwerbs und Besitzes einer nicht näher bestimmten Menge Cannabiskrautes mit den Wirkstoffen THCA und Delta-9-THC war der Angeklagte daher im Umfang des Anklagevorwurfs freizusprechen.
In Ansehung der verbleibenden Schuldsprüche war das Urteil nichtig, weil die zwingenden Diversionsbestimmungen nach dem SMG nicht angewendet wurden:
Denn das Gericht hat unter den im SMG genannten Voraussetzungen und Bedingungen das Strafverfahren wegen einer Straftat, die ausschließlich für den eigenen persönlichen Gebrauch oder den persönlichen Gebrauch eines anderen begangen worden ist, ohne dass der Beschuldigte daraus einen Vorteil gezogen hat, das Strafverfahren, sofern der Angeklagte an Suchtmittel gewöhnt ist und zudem die Straftat nicht in die Zuständigkeit des Schöffen- oder Geschworenengerichts fällt, die Schuld des Angeklagten nicht als schwer anzusehen wäre und der Rücktritt von der Verfolgung nicht weniger als eine Verurteilung geeignet erscheint, den Angeklagten von einer solchen Straftat abzuhalten unter Bestimmung einer Probezeit von einem bis zu zwei Jahren mit Beschluss einzustellen.
Unter mehreren, jeweils dem SMG zu unterstellenden Straftaten ist eine unterschiedliche Behandlung im Sinn einer Kombination von diversionellem Vorgehen einerseits und Schuldspruch andererseits nicht zulässig, sodass für alle Taten gemeinsam entweder diversionell oder mit Schuldspruch vorzugehen ist.
Nach den zu den Schuldsprüchen wegen Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften getroffenen Feststellungen konsumierten drei Angeklagte im Wissen um die Vorschriftwidrigkeit selbst immer wieder Cannabiskraut, der Erstgenannte darüber hinaus auch immer wieder Kokain und Ecstasy.
Darüber hinaus stellte das Erstgericht fest, dass alle Angeklagten an Suchtmittel gewöhnt sind. Konstatierungen, wonach Handlungs- und Gesinnungsunwert eines der Angeklagten in Ansehung des den verbleibenden Schuldsprüchen wegen der Verbrechen des Suchtgifthandels nach sowie der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften zugrunde liegenden Verhaltens insgesamt eine Unwerthöhe erreicht hätten, die im Wege einer überprüfenden Gesamtbewertung als auffallend und ungewöhnlich zu beurteilen ist, also ihre Schuld als schwer anzusehen wäre, sind der Entscheidung nicht zu entnehmen.
In spezialpräventiver Hinsicht hielten die Tatrichter die Verhängung von teilbedingten Freiheitsstrafen für erforderlich, um den die Verantwortung für das ihnen zur Last gelegte Tatgeschehen übernehmenden Angeklagten das Unrecht ihrer Taten zu verdeutlichen. Dass die diversionelle Erledigung eine schlechtere Zukunftsprognose erwarten lasse, als eine Verurteilung, ist den Entscheidungsgründen nicht zu entnehmen.
Da zudem keine der zu den Schuldsprüchen konstatierten Straftaten in die Zuständigkeit des Schöffen- oder Geschworenengerichts fällt, vermögen die im angefochtenen Urteil insoweit enthaltenen Feststellungen bei richtiger Rechtsansicht die Nichtanwendung der Diversion nicht zu tragen.
Somit waren nach den erstinstanzlichen Urteilsannahmen zu den verbleibenden Schuldsprüchen bei allen Angeklagten die Voraussetzungen für ein diversionelles Vorgehen gegeben.