Der Europäische Haftbefehl (in Folge kurz: EHB) ist eine Entscheidung einer Justizbehörde eines Mitgliedstaates der Europäischen Union (EU), die auf die Festnahme und Übergabe einer Person durch die Justizbehörde eines anderen MS gerichtet ist. Der EHB kann entweder zur Strafverfolgung oder zur Vollstreckung einer Freiheitsstrafe oder einer mit Freiheitsentziehung verbundenen vorbeugenden Maßnahme ausgestellt werden.
Bei EHB zur Strafverfolgung ist regelmäßig gegen den Betroffenen im Ausstellungsstaat ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren anhängig. Der Betroffene befindet sich jedoch nicht im Ausstellungsstaat, sondern im Vollstreckungsstaat, weil er sich zum Beispiel in diesen Staat abgesetzt oder dort seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.
Bei EHB zur Strafvollstreckung muss der Betroffene bereits zu einer Freiheitsstrafe oder zu einer mit Freiheitsentzug verbundenen vorbeugenden Maßnahme verurteilt worden sein und sich dem Zugriff des Ausstellungsstaats, zB durch Flucht in den Vollstreckungsstaat, entziehen.
Der Ausdruck „Haftbefehl“ ist jedoch verwirrend, da dadurch nicht automatisch eine Übergabe an den ausstellenden Mitgliedstaat verbunden ist. Damit die betroffene Person an den Staat, der den EHB ausgestellt hat, übergeben werden kann, hat die zuständige Justizbehörde im Vollstreckungsstaat zu prüfen ob die Übergabevoraussetzungen vorliegen.
Der EHB ist eine Festnahmeanordnung, wobei die innerstaatlichen Voraussetzungen für die Festnahme der betroffenen Person nicht vorliegen und von den Justizbehörden auch nicht geprüft werden müssen. Die Ausstellung des EHB durch den Ausstellungsstaat begründet die unwiderlegliche Vermutung, dass in diesem Staat gegen den Betroffenen ein entsprechender Haftgrund besteht, weshalb die innerstaatlichen Haftgründe im Vollstreckungsstaat nicht erfüllt sein müssen.
Ob die betreffende Person allerdings dann in Übergabehaft genommen wird, ist eine von der Festnahme zu trennende Frage.