Mordversuch – 3,5 Jahre statt lebenslang
Wer einen anderen tötet, ist mit 10 bis 20 oder lebenslanger Freiheitsstrafe zu bestrafen. Das Gleiche gilt, wenn das Opfer nicht stirbt – daher der Mord bloß versucht wurde. Näheres dazu finden Sie hier: https://www.ris.bka.gv.at/ – https://www.facebook.com/permalink.php?story_fbid=3865832243506477&id=495836803839388
Der konkrete Fall
https://www.heute.at/s/streit-um-frau-in-alkolaune-mann-stach-rivalen-in-hals-100097574
https://noe.orf.at/stories/3062817/
https://www.facebook.com/495836803839388/posts/3599380916818279/
Die Anklage
Die Taten
Die Staatsanwaltschaft führte in ihrer Anklageschrift aus, dass der Angeklagte
– versuchte, den A zu töten, indem er ihm in alkoholisiertem Zustand mit einem Klappmesser einen Stich in den hals versetzte und ihm dadurch eine 6 cm tiefe Stichwunde zufügte;
– den B verletzte, indem er „fuchtelnde“ Bewegungen mit dem Klappmesser machte, wodurch der B mehrere Schnittwunden an den Händen und Armen erlitt;
– versuchte die C zu verletzen, indem er ihr ins Gesicht schlug und versuchte, ihr einen weiteren faustschlag auf die Schulter zu versetzen.
Die Delikte
Der Angeklagte hätte hiedurch
– das Verbrechen des Mordes versucht;
– das Vergehen der Körperverletzung begangen;
– das Vergehen der Körperverletzung versucht.
Dafür sollte das Gericht ihn mit 10 bis 20 Jahren oder mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestrafen.
Die Vorstrafen
Der Angeklagte war bereits viermal einschlägig vobestraft. Die Vorstrafen resultieren aus Körperverletzungen, Nötigungen, Drohungen. Bei einer Tat, an der der Angeklagte beteiligt war, starb das Opfer.
Offene Probezeiten
Die Staatsanwaltschaft beantragte den Widerruf zweier bedingter Strafnachsichten, da der Angeklagte die konkrete Tat während zweier offener Probezeiten beging.
Der Prozess
Die Verantwortung des Angeklagten
Der Angeklagte wechselte kurz vor der Hauptverhandlung seinen Verteidiger. Er verantwortete sich von Beginn an, bei den ersten Vernehmungen vor der Polizei, dass er in Notwehr gehandelt hätte. A und B hätten ihn bedroht und geschlagen und als er stürzte und am Boden lag, hätten sie ihn auch noch getreten.
Bei dieser Verantwortung bleib der Angeklagte auch in der Hauptverhandlung.
Die Aussagen der Zeugen
Sämtliche Zeugen, das waren immerhin vier Personen, berichteten die Vorfälle deutlich anders als der Angeklagte. Die Zeugin, die vom Angeklagten geschlagen worden sein soll, hatte die Messerattacke nicht gesehen. Sie schilderte jedoch dem Gericht, dass sie der Angeklagte aus einer relativen Nichtigkeit schlug. Der B verwies den Angeklagten darauf des Grundstückes.
Eine unbeteiligte Zeugin sah das Messer des Angeklagten, nahm die dadurch bestehende Gefahr wahr und sah dann den Verletzten stark blutend wieder auf das Grundstück kommen.
Die Verletzten A und B schilderten wie der Angeklagte vollkommen die Fassung verlor, zuerst herumschlug und rangelte, dann das Messer zog und bereits auf der Straße, vor dem eingefriedeten Grundstück plötzlich dem A in den Hals stach und dem B durch „fuchtelnde“ Bewegungen mehrere Schnittverletzungen zufügte. Die beiden, A und B, retteten sich dann auf das Grundstück und versperrten die Eingangstüre zum Grundstück von innen.
Der Angeklagte ergriff kurz die Flucht, wartete auf die Polizei und warf dabei das Messer in einen Vorgarten. Dort stellte es die Polizei später sicher.
A und B verneinten ausdrücklich, dass der Angeklagte vor dem Grundstück, auf der Straße, zu Sturz kam und am Boden liegend das Messer zu seiner Verteidigung verwendete. Beide sprachen davon, dass die Attacken mit dem Messer im Stehen stattfanden.
Die Sachverständigen
Der medizinische Sachverständige, der den tiefen Stich in den Hals analysierte, führte aus, es wäre ein „Wunder“, dass der Angeklagte weder die Hauptschlagader noch die Drosselschlagader oder die Luft- oder Speiseröhre des A verletzte.
Der psychiatrische Sachverständige berechnete den Alkoholgehalt des Angeklagten im Tatzeitpunkt zwar mit zirka 2,3 Promille, attestierte ihm jedoch keine Zurechnungsunfähigkeit.
Der Verteidiger
Die schwierige Aufgabe der Verteidigung war es, die wesentlichen Punkte, die für den Angeklagten sprachen und die die Geschworenen glauben konnten, herauszuarbeiten und für die Geschworenen glaubwürdig und überzeugend zu präsentieren.
In solchen Fällen ist schnelles Denken und Kombinieren essentiell, da sich durchaus erst in der Hauptverhandlung Umstände ergeben, die sich für den Angeklagten positiv auswirken. Ein Verteidiger muss diese Umstände rasch darauf einschätzen, ob sie von den Geschworenen geglaubt werden können. Es macht keinen Sinn eine Stratregie oder Erklärungen zu einer Tat so zu wählen, wie sie von den Geschworenen nicht geglaubt werden. – Die Verteidigung hat dabei sämtliche Denkgesetze und -muster der Logik, Lebenserfahrung und Plausibilität anzuwenden. Zeit, sich Strategien und Plädoyers zu überlegen, zu analysieren oder gar unter Zuhilfenahme von Kollegen Ausarbeiten zu lassen, gibt es nicht.
Der auf Strafrecht spezialisierte Rechtsanwalt bzw Verteidiger in Strafsachen fand den Schlüssel zum Erfolg im Vorsatz.
Das Urteil
Der Wahrspruch
Die acht Geschworenen beantworteten in dem umfassenden Fragenkatalog mit dem der Wahrspruch zu finden war, sämtliche Fragen zu Mordversuch und Notwehr, Putativnotwehr etc mit „Nein“. So blieb am Ende eine schwere Körperverletzung unter Umständen, die mit Lebensgefahr verbunden sind. Strafrahmen: bis zu 5 Jahre. Dazu sehen Sie bespielsweise hier: https://rechtsanwalt-strobl.at/2021/05/14/mordversuch-wuergen-bis-zum-totstellen/
Wäre der Angeklagte für den angeklagten Mordversuch verurteilt worden, hätte er mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit lebenslang erhalten. Denn der Angeklagte wies ja bereits vier einschlägige Vorstrafen aus, wobei bei einer Tat bereits jemand getötet worden war.
Die Strafe
Nachdem die acht Geschworenen alleine die Schuldfrage beantworten, den Wahrspruch fällen, entscheidet das Geschworenengericht über die Strafe. Das Geschworenengericht setzt sich aus der Geschworenenbank (den acht Geschworenen) und dem Schwurgerichtshof (den drei Berufsrichtern) zusammen.
Das Geschworenengericht verhängte über den Angeklagten eine Freiheitsstrafe von 4 Jahren. Erschwerend wertete das Gericht die vier einschlägigen Vorstrafen und die Begehung der konkreten Tat innerhalb zweier offener Probezeiten.
Das Geschworenengericht musste eine bedingte Strafe einer früheren Verurteilung widerrufen, da die Probezeit dafür schon einmal verlängert worden war. Die Probezeit der weiteren Verurteilung wurde bloß verlängert.
Die Rechtsmittelerklärung
Dem Verteidiger erschien die Strafe zu hoch. Daher meldete er ein Rechtsmittel an.
Die zweite Instanz
Das Oberlandesgericht ist das Gericht zweiter Instanz, wenn in erster Instanz ein Landesgericht zuständig ist.
Bei einem Gerichtstag vor dem Oberlandesgericht hat dieses über das rechtsmittel zu entscheiden. Der auf Strafrecht spezialisierte Rechtsanwalt bzw Verteidiger in Strafsachen trug dort die Berufung vor und plädierte auf ein milderes Urteil, also eine Reduktion der Strafe.
Das Oberlandesgericht gab diesem Begehren statt und reduzierte die Strafe auf 3,5 Jahre.
Mordversuch – 3,5 Jahre statt lebenslang
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Mordversuch – 3,5 Jahre statt lebenslang
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