Sozialbetrug – Freispruch
Der Gesetzgeber kennt den Begriff „Sozialbetrug“ nicht. Darunter wird weitläufig verstanden: Jemand erhält staatliche Transferleistungen, obwohl ihm diese nicht zustehen. Rechtlich sind diese Tatbestände unter den Betrug einzuordnen. Sehen Sie dazu hier: https://www.ris.bka.gv.at/eli/bgbl/1974/60/P146/NOR12029690
Der konkrete Fall
Ein Arbeitsloser erhielt vom Arbeitsmarktservice Notstandshilfe. Während seiner arbeitslosen Zeit begann der Arbeitslose eine Ausbildung zum Tätowierer. Er tätowierte gelegentlich Personen entgeltlich. Das Finanzamt stattete aufgrund eines anonymen Hinweises dem Arbeitslosen einen Besuch ab. Nachdem es noch weitere Ermittlungen durchführte, zeigte das Finanzamt den Tätowierer bei der Staatsanwaltschaft an.
„Ermittlungen“
Das Gesetz sieht als Mindestmaß an Ermittlungstätigkeit zumeist die Vernehmung des Beschuldigten vor. Daher lud die Polizei im konkreten Fall den Tätowierer als Beschuldigten zur Vernehmung. Der Beschuldigte beging hier einen weit verbreiteten, oftmals fatalen, Fehler: Er kontaktierte zwar einen Rechtsanwalt der auf Strafrecht spezialisiert war, beziehungsweise Verteidiger in Strafsachen, ließ sich von diesem jedoch nicht vertreten, weil er sich Geld sparen wollte. Wie sinnvoll die Vertretung durch einen Rechtsanwalt oder Strafverteidiger ist, sehen Sie hier: https://rechtsanwalt-strobl.at/?s=anwalt+sinnvoll
Vernehmung als Beschuldigter
Der Beschuldigte redete in seiner Vernehmung zügellos. Offenbar schwangen eine Menge Emotionen mit als der Beschuldigte vor dem vernehmenden Polizisten seine Unschuld darlegen wollte.
Im Endeffekt schlug sich dies im Vernehmungsprotokoll umfänglich nieder, mit einer Fülle an Daten und Fakten – die den Beschuldigten nicht entlasteten.
Eine weitere Recherche (Ermittlung) des Finanzamtes widerlegte die Angaben, die der Beschuldigte vor der Polizei machte.
Anklage
Die Staatsanwaltschaft erhob Anklage – im konkreten Fall brachte sie einen „Strafantrag“ bei Gericht ein. Der Vorwurf lautete auf schweren Betrug, da der Angeklagte etwa 10.000 Euro mit dem Tätowieren verdient haben soll und dennoch Notstandshilfe bezog.
Immerhin war dafür ein Landesgericht zuständig und drohten dem Angeklagten bis zu drei Jahre Freiheitsstrafe.
Da der Angeklagte bereits sechs Vorstrafen aufwies, drohte ihm eine unbedingte Freiheitsstrafe.
Doch zum Rechtsanwalt
Spät aber doch entschied sich der Angeklagte nun, einen auf Strafrecht spezialisierten Rechtsanwalt beziehungsweide Strafverteidiger zu beauftragen. Dieser nahm wie üblich den gesamten Sachverhalt auf, bewertete die Sach- und Rechtslage und schlug dem Angeklagten einige Vorgehensweisen vor.
Der Angeklagte beharrte auf seiner Unschuld.
Daher wurde vom Verteidiger in Strafsachen ein Schriftsatz, eine Äußerung, eingebracht, die dem Gericht die Sachlage umfassend zur Kenntnis brachte. Die Staatsanwaltschaft hatte nämlich offenbar übersehen, dass es für Notstandshilfebezieher eine Zuverdiensterlaubnis gibt.
Hauptverhandlung
Wohl auch aufgrund des Schriftsatzes (Äußerung), der an das Gericht übermittelt wurde, konnte das Gericht die Hauptverhandlung kurz halten und waren viele der beantragten Zeugen nicht notwendig, da die Sach- und Rechtslage bereits früh in der Hauptverhandlung geklärt war.
Es stellte sich alsbald heraus, dass die Zuverdienstgrenzen nicht überschritten waren beziehungsweise noch gar nicht festgestellt werden konnte, ob sie in diesem Jahr überschritten sein würden.
Urteil und Freispruch
Das Landesgericht fällte daher einen Freispruch, da niemandem ein Schaden entstand und der Angeklagte kein Strafgesetz verletzte.
Hätte das Landesgericht den Angeklagten verurteilt, hätte dieser eine unbedingte Freiheitsstrafe erhalten, da er sechs Vorstrafen aufwies.
Sozialbetrug – Freispruch
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