Dem Angeklagten warf man vor, in einer Disco einen sich auf der Tanzfläche mit einem anderen Mann Küssenden als „Scheiß Schwuchtel“ bezeichnet zu haben und in der verbalen Auseinandersetzung auch noch mehrmals „Sieg Heil“ gerufen zu haben.
Die Staatsanwaltschaft hatte darin eine Wiederbetätigung nach dem Verbotsgesetz gesehen und den Angeklagten vor einem Geschworenengericht angeklagt. Die mögliche Strafe betrug bis zu zehn Jahre Freiheitsstrafe.
Der Angeklagte hatte sich damit verantwortet, gar nicht „Sieg Heil“ gerufen zu haben sd ein phonetisch ähnlich klingendes Schimpfwort.
Das Beweisverfahren in der Hauptverhandlung hatte durch die Vernehmung des Beschuldigten und einer Freundin von diesem, die auch einmal gehört haben wollte, dass der Angeklagte „Sieg Heil“ rief, diese Variante als wahrscheinlicher zu Tage gefördert. Der Angeklagte stand mit seinem anderen, ähnlich klingenden Wort allein, ohne Zeugen, da.
Letztlich musste geklärt werden, ob der Angeklagte den Vorsatz hatte sich wiederzubetätigen. Die Staatsanwaltschaft verstand darunter „…(zumindest) eine der spezifischen Zielsetzungen der NSDAP zu neuem leben zu erwecken oder zu propagieren und solcherart zu aktualisieren; jede unsachliche, einseitige und propagandistisch vorteilhafte Darstellung nationalsozialistischer Maßnahmen und Ziele. […] Der Kampfgruß „Sieg Heil“ ist ein charakteristisches Symbol des Nationalsozialismus. Der vom spezifischen Vorsatz getragene demonstrative Gebrauch dieses Symbols hat schon für sich allein den Charakter einer typischen NS-Propagandaaktion, der den Tatbestand des § 3g Verbotsgesetz erfüllt.“.
Offenbar waren die Geschworenen hinsichtlich des Vorsatzes der Argumentation der Verteidigung gefolgt und hatten keinen spezifischen Vorsatz, der in die Richtung einer NS-propaganda gegangen wäre, gesehen.
Es war klar zu erkennen, dass eine verbale Auseinandersetzung um Mitternacht unter alkoholisierten jungen Menschen aus denen Beschimpfungen resultieren, nicht notwendig den Vorsatz in sich haben können, Propaganda zu betreiben – schon gar nicht einer Person gegenüber, die aufgrund deren Homosexualität im NS-Regime verfolgt worden wäre. Darin zu sehen, dass dem Homosexuellen gegenüber „Werbung“ für den Nationalsozialismus gemacht werden soll, war doch etwas weit hergeholt.
Der Angeklagte wurde mit dem Wahrspruch der Geschworenen, die eine Mehrheitsentscheidung war, freigesprochen.