Mietnomaden – ein konkreter Fall
Eine Mietnomadin verursachte alleine durch nicht bezahlten Mietzins einen Schaden von fast 8.000 Euro gegenüber einem Vermieter. Deshalb wurde sie von der Staatsanwaltschaft wegen schweren Betrugs angeklagt. Dieser Beitrag gibt einen detaillierten Einblick in den konkreten Fall, der ein typischer ist.
Allgemeines und Begriff „Mietnomade“
Ein Mietnomade ist ein Mieter einer Wohnung oder eines Hauses, der von vornherein nicht die Absicht hat, den Mietzins zu bezahlen und oft erst nach einer zwangsweisen Räumung zum nächsten Mietverhältnis weiterzieht um dort das Gleiche zu tun. Dabei wird meist ein beträchtlicher Schaden hinterlassen. Nicht nur ausständige Mietzinse sondern auch beträchtliche Sachschäden durch Verwahrlosung oder Verwüstung des Mietobjektes bleiben zurück. Sehen Sie Näheres hier: https://de.wikipedia.org/wiki/Mietnomade
Seit Jahren soll die zahl der Mietnomaden im Steigen sein. Siehe dazu https://wien.orf.at/v2/news/stories/2642626/
Rechtliches
Das verwerfliche Verhalten der Mietnomaden ist in strafrechtlicher Hinsicht ein Betrug. Je nach Dauer oder Intensität kann das Betrugsdelikt qualifiziert sein und so zum schweren oder gar gewerbsmäßig schweren Betrug werden.
Je nach der Art der Begehung beziehungsweise der Höhe des Schadens drohen für Betrug zwischen sechs Monaten und zehn Jahren Freiheitsstrafe.
Ein Betrug liegt vor, wenn jemand durch Täuschung zu einer Handlung verleitet wird, die diesen oder einen anderen am Vermögen schädigt, wodurch der Täuschende oder ein Dritter unrechtmäßig bereichert wird.
Wenn der Täter auf bestimmte Arten täuscht oder der Schaden 5.000 Euro übersteigt, liegt schwerer Betrug vor.
Der Täter handelt gewerbsmäßig, wenn er sich absichtlich durch wiederkehrende Begehung über längere Zeit ein nicht bloß geringfügiges Einkommen verschafft.
Der konkrete Fall
Der Strafantrag (Anklage)
Die Staatsanwaltschaft warf einer Mietnomadin vor, einen Vermieter eines Hauses über ihre Zahlungsfähigkeit beziehungsweise -willigkeit getäuscht zu haben. Sie bezahlte die Mietzinse gar nicht oder bloß extrem schleppend, sodass dem Vermieter ein Schaden von über 10.000 Euro entstanden sei. Der Schaden bestand nicht nur aus nicht bezahltem Mietzins sondern auch aus nicht bezahlten Betriebskosten.
Der ursprüngliche Vorwurf im Ermittlungsverfahren
Zwei voneinander unabhängige Vermieter brachten eine Sachverhaltsdarstellung bei der Staatsanwaltschaft ein.
Die Vermieterin einer Wohnung behauptete darin, dass ihr die Mietnomadin mehrere tausend Euro an Mietzins schulde, die Wohnung in katastrophalem Zustand hinterließ, sich weigerte die Wohnung freiwilig zu räumen, daher mittels Gerichtes eine Räumungsklage eingebracht werden musste und die Wohnung letztlich zwangsweise geräumt werden musste.
Der Vermieter eines Hauses erhob die gleichen Vorwürfe, jedoch war eine Räumungsklage samt zwangsweiser Räumung nicht erforderlich.
Teileinstellung
Die beschuldigte Mietnomadin nahm zu den Vorwürfen Stellung, worauf der erste Vorwurf von der Staatsanwaltschaft eingestellt wurde. Diese sah den Vorsatz nicht ausreichend erwiesen, da die Miete für die Wohnung zumindest zu Beginn bezahlt worden war.
Die Staatsanwaltschaft hat Vorwürfe beziehungsweise Ermittlungsergebnisse darauf zu beurteilen, ob im Falle einer Anklage eine Verurteilung wahrscheinlicher ist als ein Freispruch. Ist dies der Fall, erhebt sie Anklage. Andernfalls wird das Ermittlungsverfahren oder Teile davon, die sich auf bestimmte Vorwürfe beziehen, eingestellt.
Sehen Sie dazu auch hier: https://rechtsanwalt-strobl.at/2015/08/03/wann-wird-ein-strafverfahren-eingestellt-wie-ratsam-ist-die-vertretung-durch-einen-strafverteidiger/
Anklage und Hauptverfahren
Zur Anklage siehe bereits oben „Der Strafantrag (Anklage)“.
Ab dem Einbringen der Anklage beginnt das Hauptverfahren. Damit ist das Gericht zuständig. Im konkreten Fall war ein Landesgericht zuständig, da eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren drohte. An großen Landesgerichten gibt es Geschäftsabteilungen und somit Richter, die für spezielle Strafsachen zuständig sind. Zum Beispiel sind dies Zuständigkeiten für Suchtmittelrecht oder wie im konkreten Fall für Wirtschaftsdelikte.
Der daher zuständige und spezialisierte Richter hatte von selbst aus Nachforschungen in den Justizregistern angestellt. Dabei offenbarte sich Schlimmes:
- Gegen die angeklagte Mietnomadin gab beziehungsweise gibt es in den letzten Jahren über 70 Exekutions- oder Zivilverfahren.
- In den Jahren davor, als die Angeklagte noch einen anderen Namen hatte, gab es bereits an die 20 solcher Verfahren.
- Die Angeklagte verwendete auch einen Alias-Namen.
- Die angeklagte Mietnomadin bezog in den letzten Jahren vorwiegend Arbeitslosenunterstützung und Notstandshilfe, dazwischen war sie immer wieder geringfügig erwerbstätig oder bezog Krankengeld. Nur in wenigen Phasen war sie vollzeitbeschäftigt.
- Eine Abfrage aus dem Zentralen Melderegister (ZMR) ergab, dass die Angeklagte in den letzten Jahren eine Vielzahl an An- und Abmeldungen an verschiedenen Adressen aufzuweisen hatte.
Die Hauptverhandlung
Grundsätzlich war im konkreten Fall, alleine aufgrund der Vorwürfe im Strafantrag, eine diversionelle Erledigung sehr unwahrscheinlich. Näheres zur Diversion sehen Sie hier: https://rechtsanwalt-strobl.at/2016/06/11/diversion-ein-beispiel-und-neues-im-gesetz-mit-materialien-strafverteidiger-rechtsanwalt/
Aufgrund der weiteren Umstände, die sich aus dem Akt ergaben (siehe dazu oben die fünf Punkte vor zwei Absätzen), war eine Diversion de facto aussichtslos.
Dennoch unternahm der Verteidiger den Versuch, das Unmögliche möglich zu machen, wozu zumindest eine „Verantwortungsübernahme“ der Angeklagten für ihr Verhalten erforderlich gewesen wäre.
Aussage der Angeklagten
Die Angeklagte formulierte ihre Verantwortung zwar auch so, jedoch erwähnte sie gebetsmühlenartig, dass sie von ihren beiden gerade erwachsenen Söhnen finanziell im Stich gelassen worden wäre. Weder der Staatsanwaltschaft noch dem Gericht reichte diese „Verantwortung“. Das Gericht wies die Angeklagte auch darauf hin, dass sie alleine den gegenständlichen Mietvertrag unterschrieb. Sie hatte dem Vermieter gegenüber auch nicht erwähnt, dass ihre Söhne einen finanziellen Beitrag zur Miete leisten würden. Im Gegenteil: Sie informierte den Vermieter auch gar nicht von der Anzahl der Kinder, die in dessen hasu leben sollten.
Die Aussage des Zeugen
Der als Zeuge vernommene Vermieter widerlegte sogar klar und glaubwürdig einzelne Aussagen der Angeklagten. Die Mietnomadin soll ihm im Zuge der Vertragsverhandlungen gesagt haben, sie würde zirka 3.000 Euro im Monat verdienen. Das entsprach nicht der Wahrheit. Die Angeklagte erhielt bloß einen AMS-Bezug in Höhe von 1.000 Euro. Gleich verhielt es sich mit der Behauptung der Angeklagten, sie würde am 15. jeden Monats Provisionen von einer Versicherung für abgeschlossene Geschäfte erhalten. Sie schloss jedoch in eineinhalb Jahren keinen einzigen Vertrag ab.
Die angeklagte Mietnomadin gab selbst an, zirka 60.000 Euro Schulden zu haben. Auf die Frage der Staatsanwaltschaft wie sie bei 60.000 Euro Schulden, keinem entsprechenden Einkommen und mit einem gerade gescheiterten Mietverhältnis (Delogierung aus der Wohnung – siehe oben) eine Monatsmiete (kalt) von knapp 1.100 Euro bezahlen wollte, verwies die Angeklagte wieder darauf, dass sie von ihren Söhnen im Stich gelassen worden wäre beziehungsweise blieb die Antwort gänzlich schuldig.
Das Gericht reduzierte, auch durch Intervention des Verteidigers in Strafsachen der Angeklagten bzw Rechtsanwalt, die Ansprüche des Privatbeteiligten, der über 10.000 Euro forderte, auf etwas über 7.000 Euro.
Urteil
Das Gericht fällte ein Urteil, da die Voraussetzungen der Diversion nicht vorlagen, da die Angeklagte keine Verantwortung für ihr Tun übernahm. Es verurteilte die Angeklagte wegen schweren Betrugs.
Das Gericht wertete die Aussagen der angeklagten Mietnomadin auch bloß als Tatsachengeständnis. Die Angeklagte gestand nie den Vorsatz zum Betrug.
Der Richter nahm bedingten Vorsatz (sogenannter dolus eventualis) an und begründete, dass die Angeklagte ihren Vermieter anschwindelte. Er berücksichtigte zu Gunsten der Angeklagten mildernd bloß den bisher ordentlichen Lebenswandel.
Daher verhängte das Gericht eine zur Gänze bedingte Freiheitsstrafe in der Dauer von zehn Monaten über die Angeklagte und verpflichtete sie, dem Privatbeteiligten etwas mehr als 7.000 Euro an Schaden zu ersetzen.
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