Schadenersatz wegen Kindesabnahme?
Eine spannende Frage, die bereits viele Betroffene, aber auch Rechtsanwälte in der Vergangenheit beschäftigte, ist: Steht Schadenersatz zu, wenn jemandem ein Kind (zu Unrecht) abgenommen wird?
Vorfrage: Kindeswohlgefährdung
Dazu ist vorweg zu nehmen: Eltern steht grundsätzlich die Obsorge über deren Kinder zu. Ist das Wohl des Kindes gefährdet, kann der Kinder- und Jugendhilfeträger (KJHT) das Kind abnehmen und vorläufig in Krisenzentren unterbringen.
Der hier interessierende springende Punkt ist:
Steht Schadenersatz zu, wenn jemandem ein Kind (zu Unrecht) abgenommen wird?
Dazu hat nun der Oberste Gerichtshof (OGH) eine Entscheidung getroffen:
Die Ausgangslage: Dem Kläger wurden seine Kinder abgenommen und in einem Krisenzentrum „fremduntergebracht“. Der Kläger klagte, da die Abnahme ungerechtfertigt war. Es hätte bloß eine anonyme Anzeige gegeben und er wäre auch nie mit der Pflege und Erziehung (Obsorge) überfordert gewesen.
Der Kläger fühlte sich durch die Kindesabnahme in mehreren Rechten verletzt: Zum einen sei er in seinem Menschenrecht auf Achtung des Privat- und Familienlebens beeinträchtigt worden. Er habe nun psychische Störungen mit Krankheitswert. Und er habe seine Arbeit verloren, wodurch er einen Verdienstentgang erlitt.
Die Beklagte, eine Stadt in Österreich, bestritt das Klagsvorbringen. Die Gefährdungseinschätzung zum Zeitpunkt der Aufnahme der Kinder im Krisenzentrum sei nachvollziehbar gewesen und die Entscheidung über den Verbleib der Kinder nach sorgfältiger Abwägung und ausreichender Informationsbeschaffung getroffen worden. Hinsichtlich des Schmerzengeldes bestritt sie, einen Schaden verursacht zu haben.
Der Instanzengang
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers Folge und hob das Urteil des Erstgerichtes hinsichtlich des abgewiesen Begehrens auf Zahlung von Schmerzengeld und der Feststellung der Haftung auf. Zum begehrten Verdienstentgang bestätigte es die Entscheidung.
Das Berufungsgericht pflichtete dem Erstgericht darin bei, dass auch im Bereich der Amtshaftung der Grundsatz gelte, dass aufgrund eines rechtswidrigen Verhaltens nur für jene Schäden zu haften sei, welche die übertretene Verhaltensnorm gerade verhindern sollte, bejahte jedoch bezüglich des behaupteten Gesundheitsschadens den Rechtswidrigkeitszusammenhang.
Das Berufungsgericht bestätigte, dass der Ersatz des Verdienstentgangs dem Kläger nicht zusteht. Es sprach aus, dass es sich eindeutig um einen bloßen Folgeschaden handle, der nicht adäquat verursacht worden sei.
Die Entscheidung des OGH
1. Der Kinder- und Jugendhilfeträger wird, wenn er eine vorläufige Maßnahme nach § 211 ABGB (siehe dazu https://www.ris.bka.gv.at/) setzt, nicht hoheitlich sondern privatrechtlich tätig wird.
2. Dem Obsorgerecht kommt absoluter Schutz (mit der Konsequenz eines möglichen Schadenersatzausspruchs bei unberechtigtem Eingriff) zu und zwar nicht nur im Verhältnis zum anderen Elternteil, sondern auch im Verhältnis zum KJHT.
3. Eine widerrechtliche „Kindesabnahme“ ist wegen der in der Regel innigen Gefühlsbeziehung von Eltern und Kindern typischerweise geeignet, eine psychische Beeinträchtigung mit Krankheitswert bei den Eltern auszulösen.
4. Die Rechtsprechung hatte Ansprüche auf Schmerzengeld für Gesundheitsbeeinträchtigungen mit Krankheitswert bei erheblicher (schuldhafter) Beeinträchtigung der Eltern-Kind-Beziehung durch den anderen Elternteil bereits bejaht. Dies muss auch für solche Eingriffe durch den KJHT gelten.
5. Hingegen habe die Behörde (KJHT) mit einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers bei ihrer Obsorgeentscheidung in keiner Weise rechnen müssen, weshalb der behauptete Verdienstentgang sich als nicht ersatzfähiger inadäquater (Folge-)Schaden darstelle.
https://rechtsanwalt-strobl.at/2021/04/15/haeusliche-gewalt-freispruch/
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OGH 1 Ob 211/20s