Ein Polizeibeamter hatte mit dem Vorsatz, den Staat an seinem Recht auf Ahndung von Verstößen gegen die Straßenverkehrsordnung und auf Einhebung von Strafgeldern aus Organstrafverfügungen zu schädigen, seine Befugnis, im Namen des Bundes als dessen Organ in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, wissentlich missbraucht, indem er „sich in seiner Freizeit ohne Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen in den Dienst stellte, in Uniform eine Amtshandlung, nämlich eine Lenker- und Fahrzeugkontrolle vornahm, und wegen ordnungswidriger Verwahrung der Ladung eines Kfz eine Organstrafverfügung in Höhe von 20 Euro für seinen eigenen Geldbedarf einhob, ohne die vorgesehenen Vorschriften über die Verwendung des entsprechenden Formulars für die Organstrafverfügung und die unverzügliche Abführung des eingehobenen Strafbetrags an das Bezirkspolizeikommando als zuständige Behörde einzuhalten“.
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der Polizeibeamte des Verbrechens des Missbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB schuldig erkannt.
Der Oberste Gerichtshof hatte zur Nichtigkeitsbeschwerde des verurteilten Polizeibeamten erwogen:
Wer die Abführung mit Organstrafverfügung bereits eingehobener Gelder unterlässt, missbraucht seine Befugnis. Der Staat hat ein konkretes Recht auf die Einnahmen aus einer vorläufigen Sicherheit nach § 37a Abs 4 VStG. Indem § 50 Abs 5 VStG hinsichtlich der Gebarung mit durch Organstrafverfügung eingehobenen Strafbeträgen der Bundesregierung eine Verordnungsermächtigung erteilt und die Bundesregierung auf dieser gesetzlichen Grundlage unverzügliche Abführung der eingehobenen Strafbeträge angeordnet hat, kann insoweit nichts anderes gelten.
Wer gesetzeskonform mit Organstrafverfügung einen Geldbetrag einhebt, kommt ungeachtet eines bereits zu diesem Zeitpunkt bestehenden Vorsatzes, das eingehobene Geld nicht unverzüglich abzuführen, als Täter eines Missbrauchs der Amtsgewalt erst in Frage, wenn er in Betreff der Nichtabführung die ihm im Sinn des § 302 Abs 1 StGB eingeräumte Befugnis missbraucht. Rechtsschädigungsvorsatz ohne Befugnismissbrauch erfüllt den Tatbestand des Missbrauchs der Amtsgewalt nicht.