Mandanten war die Schleppung von 178 Personen vorgeworfen worden. Tatsächlich hatte der Angeklagte Personen in Empfang genommen, diese an einen bestimmten Ort begleitet, ohne Transport, sie dort übergeben, ihnen Telefonnummern und weitere Ansprechpersonen vermittelt, so dass die Flüchtlinge einen Platz zum Übernachten und eine Transportmöglichkeit nach Polen, von wo aus die Flüchtlinge weiter über Europa verteilt werden sollten, erhielten. Weiters hatte er für sie Geld abgehoben, das Verwandte und Freunde der Flüchtlinge für deren weiteren Gebrauch im Zuge ihrer Flucht gebraucht hatten, da die Flüchtenden meist ja keine Papiere bei sich hatten, die erforderlich sind, um Bargeldbehebungen durchzuführen.
Generell wird der Begriff der Schleppung aus dem allgemeinen Sprachgebrauch heraus falsch verstanden: Jene Bestimmung, die das Verbot der Schlepperei regelt, lautet in ihrem Grundtatbestand: Wer die rechtswidrige Einreise oder Durchreise eines Fremden in oder durch einen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder Nachbarstaat Österreichs mit dem Vorsatz fördert, sich oder einen Dritten durch ein dafür geleistetes Entgelt unrechtmäßig zu bereichern, ist […] zu bestrafen.
Daraus ist zu sehen, dass es nicht um das Transportieren allein geht, sondern sämtliche andere Handlungen, wie etwa auch, die Organisation von einem Ort zu einem anderen zu gelangen und die Verschaffung von Unterkünften, strafbar sind.
Im konkreten Fall war dem Angeklagten vorgeworfen worden, dies über einen Zeitraum von mehreren Monaten, gewerbsmäßig und für 178 Personen getan zu haben, weshalb der Strafrahmen ein bis zehn Jahre betrug und ein Schöffengericht zuständig war. In solchen Fällen ist die Verteidigung durch einen Rechtsanwalt für Strafsachen oder Strafverteidiger nicht nur ratsam sondern obligatorisch.
Aufgrund der Verantwortung des Angeklagten, der Bereitschaft, die Strafsache restlos aufzuklären und seiner Aufrichtigkeit bei der Wahrheitsfindung, konnte der Angeklagte sehr milde abgeurteilt werden. Hier war bereits möglichst früh das Beisein eines Rechtsanwaltes oder Verteidigers in Strafsachen sinnvoll, da dadurch eine Strategie gewählt werden konnte, die dem Angeklagten letztlich ein mildes Urteil verschaffte. Dafür waren verschiedenste Umstände abzuwägen und zu beurteilen.
Bemerkbar war in dieser Hauptverhandlung bereits das große mediale Interesse an solchen Prozessen, bedingt durch die derzeitige politische und mediale Auseinandersetzung mit dem Flüchtlings-Thema. Dies spiegelt sich in der Berichterstattung der Medien über diesen Prozess wider:
http://wien.orf.at/news/stories/2728198/
http://www.heute.at/news/oesterreich/wien/art23652,1203001
http://derstandard.at/2000021243535/Polizei-verfolgte-Schlepper-zu-Fuss-auf-A23
http://www.pressreader.com/austria/salzburger-nachrichten/20150826/282106340391902/TextView
Juristisch wird bei den Strafen gegen Schlepperei die Generalprävention großes Thema sein: Darunter ist zu verstehen, ob zur Erhaltung und Stärkung der Normentreue im allgemeinen und in Ansehung potentieller Täter in ähnlicher Lage im besonderen der sofortige Strafvollzug geboten ist oder nicht.
Beispielsweise hat dazu der Oberste Gerichtshof im Jahr 1988 entschieden: Organisiertem Schläger-Unwesen muss zum Schutz der Gesellschaft vor asozialen Machtstrukturen zu jeder Zeit mit Nachdruck entgegengewirkt werden.
Dieser Rechtssatz kann sehr leicht auf das, in letzter Zeit Überhand nehmenden, Schlepperunwesen angewandt werden. Gesichert ist die Anwendung unbedingter Freiheitsstrafen aus Gründen der Generalprävention bspw bei den Vergehen des Quälens unmündiger und jüngerer Personen und bei Freiheitsentziehung.
Bei der Generalprävention kommt es auf den Unrechtsgehalt und damit auch Schuldgehalt der jeweiligen Tat an.
Aus all diesen Gründen wurde der Angeklagte zu zwei Jahren unbedingter Freiheitsstrafe verurteilt.