Ende Mai hatte eine Nicht-Österreicherin in einem großen Modehaus einige Kleidungsstücke im Wert von cirka 450 Euro gestohlen.
Damals konnte sie sofort von mir, bereits bei der Polizei, und bei der Entscheidung, ob die Untersuchungshaft verhängt wird, vertreten werden. Sie wurde gegen Kaution auf freien Fuß gesetzt und konnte in ihr Heimatland zurückkehren.
Dabei ist, wie gezeigt, das sofortige Einschreiten eines Rechtsanwaltes der auf Strafrecht spezialisiert ist und/oder Verteidiger in Strafsachen ratsam.
Nunmehr fand am Landesgericht für Strafsachen die Hauptverhandlung statt, da Gewerbsmäßigkeit des Diebstahles angenommen wurde. Ansonsten wäre das Bezirksgericht zuständig gewesen. Bei Gewerbsmäßigkeit beträgt der Strafrahmen sechs Monate bis fünf Jahre. Einem Rechtsanwalt oder Verteidiger in Strafsachen ist die Anwendung der Gewerbsmäßigkeit immer ein besonderer Dorn im Auge. Nicht nur wegen der Erhöhung der Strafdrohung sondern vor allem weil das Gericht immenses ermessen hat. Gewerbsmäßigkeit soll aus der Absicht bestehen, sich durch wiederkehrende Diebstähle eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen. Von einem Rechtsanwalt oder Verteidiger in Strafsachen gut eingestellte Klienten werden diese Absicht natürlich verneinen. Daher versuchen die Gerichte durch andere Aspekte Gewerbsmäßigkeit anzunehmen: Art der Begehungsweise, Höhe des Wertes der Beute, Vorstrafen, Einkommenssituation – obwohl die Begehung bloß einer einzigen Tat genügen soll.
Da ua für einen Rechtsanwalt und Verteidiger in Strafsachen de facto die Nicht-Annahme der Gewerbsmäßigkeit durch das Gericht kaum zu bewerkstelligen ist und Gewerbsmäßigkeit geradezu „reflexartig“ von den Gerichten angenommen wird, wird bereits eine gesetzesinitiative diskutiert, durch die die Gewerbsmäßigkeit anders und restriktiver geregelt werden soll.
Im konkreten Fall wurde natürlich Gewerbsmäßigkeit angenommen, da ein Zeuge gesehen haben wollte, dass die Angeklagte ein spezielles Werkzeug zum Abtrennen der Diebstahlsicherungen verwendet haben soll. Jedoch hatte selbst die Staatsanwaltschaft in ihrem Strafantrag das Entfernen der Diebstahlsicherungen bloß mit einer herkömmlichen Nagelschere angenommen.
Die Argumentation des Rechtsanwalt und Verteidiger in Strafsachen, die Angeklagte wäre so dermaßen unprofessionell und unerfahren gewesen, so dass sie die abgetrennten Diebstahlsicherungen in ihre Jackentasche steckte und damit durch die Alarmschranken ging, die natürlich Alarm auslösten, wurde vom Gericht ignoriert.
Weiters hatte sich das Gericht auf eine angeblich präparierte Tasche gestützt. Die Angeklagte führte jedoch im Gerichtssaal vor, dass in ihrer Tasche ein Nebenfach sei und zwischen diesen das Futter der Tasche aufgerissen ist, da die Tasche schon einige Jahre alt ist. Das Gericht wollte dieser Argumentation nicht glauben.
Daher hatte das Gericht Gewerbsmäßigkeit angenommen jedoch ein deutliches Überwiegen der vom Rechtsanwalt und Verteidiger in Strafsachen aufgezeigten Milderungsgründe über die Erschwerungsgründe und somit in einer Art außerordentlichen Strafmilderung ein sehr mildes Urteil gefällt: sieben Monate zur Gänze bedingt für eine Probezeit von drei Jahren.