Der Angeklagten war vorgeworfen worden, in einem Kaufhaus mehrere Kleidungsgegenstände ohne sie zu bezahlen, an sich genommen zu haben.
Eine Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten hatte gedroht. Üblicherweise werden Delikte dieser Art mit einer Diversion erledigt.
Auch in diesem Fall wurde der Angeklagten eine Diversion unter einer zweijährigen Probezeit gewährt.
Eine Diversion beendet ein Strafverfahren auf eine andere Art als durch ein Urteil oder eine Einstellung. Es erfolgt eine Einstellung durch Erbringung von Leistungen. Dadurch unterscheidet sich die Diversion von der „normalen“ Einstellung eines Strafverfahrens. Als Leistungen stehen zur Verfügung:
Gemeinnützige Leistungen, Geldbuße, Tatausgleich oder Probezeit.
Die Diversion setzt voraus, dass der Sachverhalt hinreichend geklärt ist, eine Einstellung des Verfahrens nicht in Frage kommt, es weder aus spezial- noch aus generalpräventiven Gründen einer Bestrafung bedarf, keine Tat vorliegt, die in die Zuständigkeit des Landesgerichtes als Schöffen- oder Geschworenengericht fällt, die Schuld des Tatverdächtigen nicht als schwer anzusehen ist oder die Tat den Tod eines Menschen zur Folge hatte.
Sind diese Voraussetzungen erfüllt und wird die Diversion gewährt, erfolgt keine Eintragung im Strafregister.
Seit 01.01.2016 gab es einige Änderungen, die in den unten stehenden Materialien näher erläutert sind:
Weiters soll künftig auch hinsichtlich jener Delikte, die zwar nicht mit mehr als fünf Jahren Freiheitsstrafe bedroht sind, jedoch in die schöffen- bzw. geschworenengerichtliche Zuständigkeit fallen, ein diversionelles Vorgehen zulässig sein und so ein breiteres Spektrum der Reaktion und Sanktionierungdurch verstärkte Bezugnahme auf den Einzelfall ermöglicht werden. In Anbetracht des hohen Stellenwertes des Rechtsgutes der sexuellen Selbstbestimmung und sexuellen Integrität soll diese Ausweitung auf Straftaten im Bereich des 10. Abschnittes des Besonderen Teils des StGB, die mit mehr als dreijähriger Freiheitsstrafe bedroht sind, keine Anwendung finden. Im Übrigen soll insbesondere im Rahmen des Tatausgleichs sichergestellt werden, dass jedenfalls Opfer von häuslicher Gewalt über ihren Anspruch auf Prozessbegleitung, die in Betracht kommenden Opferschutzeinrichtungen belehrt werden.
Die Ausgleichsverhandlungen solle in Anwesenheit der Vertretung des Opfers stattfinden, wobei dem Opfer und seiner Vertretung auch ausreichende Zeit zur Vorbereitung und Überlegung einzuräumen ist. Die Anwendung der Diversion, insbesondere des Tatausgleichs wird daher vermehrt Opferinteressen berücksichtigen, sodass auf den im Ministerialentwurf noch vorgesehenen Ausschluss der Diversion bei Vorliegen bestimmter Erschwerungsgründe verzichtet werden kann. Als weitere Maßnahme zur Verringerung der Verfahrensdauer soll es der Staatsanwaltschaft vor dem Hintergrund des Bemühens um eine zügige und effektive Verfolgung des Hauptvorwurfs künftig möglich sein, aus Opportunitätserwägungen von der Verfolgung einzelner Straftaten endgültig oder unter Vorbehalt späterer Verfolgung abzusehen und das Ermittlungsverfahren insoweit einzustellen, wenn dem Beschuldigten mehrere Straftaten zur Last liegen und dies voraussichtlich weder auf die Strafen oder vorbeugenden Maßnahmen, auf die mit der Verurteilung verbundenen Rechtsfolgen noch auf diversionelle Maßnahmen wesentlichen Einfluss hat.
Auf Ebene des Europarates gibt es verstärkt Bemühungen, dem in mehr als der Hälfte der Mitgliedstaaten bestehenden Problem der Überbelegung von Gefängnissen entgegenzuwirken. So fand am 8. und 9. Dezember 2014 das erste Treffen des Drafting Committee on Prison Overcrowding des Europarats statt. Es bestehen bereits zahlreiche Berichte, Empfehlungen und Richtlinien (ua. European Prison Rules, Council of Europe Probation Rules, Rec [2014]4, Rec [2012]12) des Europarates zur Reduktion des Überbelages von Gefängnissen. In diesen wird neben der Entkriminalisierung bestimmter Handlungen und einer Änderung der Art der geeigneten strafrechtlichen Sanktion auch der vermehrte Einsatz von die Resozialisierung fördernden Reaktionsmöglichkeiten (z. B. Diversion) empfohlen. Der vorliegende Entwurf entspricht – insbesondere im Hinblick auf die veränderte Definition und qualifizierende Wirkung der Erwerbsmäßigkeit und Anhebung der Wertgrenzen und dadurch der Milderung der anzuwendenden Strafrahmen auch diesen internationalen Empfehlungen und Zielsetzungen.
Die vorgeschlagene Änderung in Abs. 2 soll unter Beibehaltung der sonstigen diversionellen Zulässigkeitsvoraussetzungen im Hinblick auf jene Delikte, die zwar nicht mit mehr als fünf Jahren Freiheitsstrafe bedroht sind, jedoch in die schöffen- bzw. geschworenengerichtliche Zuständigkeit fallen (abhängig von der jeweiligen Strafdrohung betrifft dies insbesondere die in § 31 Abs. 2 Z 4 bis 11 sowie Abs. 3 Z 3 und 5 StPO genannten Delikte) ein breiteres Spektrum der Reaktion und Sanktionierung durch verstärkte Bezugnahme auf den Einzelfall ermöglichen. Auch in diesen – nach der reinen Strafdrohung in die Ingerenz des Einzelrichters des Landesgerichts fallenden – Fällen soll künftig ein sich im Hinblick auf die geringen Rückfallszahlen bewährt habendes diversionelles Vorgehen bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen möglich sein. Die Beurteilung der Frage, ob die Schuld des Beschuldigten als schwer anzusehen ist (§ 198 Abs. 2 Z 2 StPO) soll durch die neuen Erschwerungsgründe des § 33 Abs. 2 und 3 eine veränderte Akzentuierung erfahren. Die Opferinteressen sollen durch die vorgeschlagenen flankierenden Änderungen in § 204 Abs. 2 und 3 sowie 206 Abs. 1 StPO besondere Berücksichtigung finden (darunter Sicherstellung einer Information über den Anspruch auf Prozessbegleitung und die zur Auswahl stehenden Opferschutzeinrichtungen; Mitwirkung der Prozessbegleitung am Tatausgleich und Überlegungsfrist für besonders traumatisierte Opfer). In jenen Fällen, in denen dem Täter eine strafbare Handlung gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung, die mit mehr als dreijähriger Freiheitsstrafe bedroht ist, zum Vorwurf gemacht wird, soll ein diversionelles Vorgehen künftig hingegen nicht zulässig sein. Dies begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, zumal es sich um keinen generellen Ausschluss handelt und auf Deliktsgruppen abgestellt wird, die bereits in anderem, aber vergleichbarem Zusammenhang vom Gesetzgeber als einer besonderen Regelung bedürftig befunden wurden. So wurde etwa nach § 4a Abs. 1 TilgG für die dort genannten Delikte eine besonders lange Tilgungsfrist festgelegt, während es sich bei den in § 52a Abs. 1 StGB genannten Delikten um die Anlasstaten für eine gerichtliche Aufsicht handelt.
Die im Begutachtungsverfahren geforderte Ausnahme für gerichtlich strafbare Finanzvergehen bleibt aus systematischen Gründen einer gesonderten Regelung im FinStrG vorbehalten.