Zwecke der Novelle sind
– Schaffung besonderer Befugnisse zur Verhinderung von Radikalisierung und extremistisch motivierten Straftaten
– Implementierung der präventiven Gefährderansprache zum Schutz vor Gewalt
– Eigenständiges Betretungsverbot für Schulen und sonstige Betreuungseinrichtungen
– Schaffung eines Waffenmitnahmeverbots und von Sicherheitskontrollen in Amtsgebäuden
– Zentralisierung von Einsatzzentralen
– Einrichtung einer zentralen Datenanwendung zur Unterstützung der Einsatzkoordination
– Erweiterung des sprengelüberschreitenden Einschreitens.
Mit dieser Novelle des Sicherheitspolizeigesetzes sollen in erster Linie die präventiven Instrumente im Bereich des Schutzes vor Gewalt und vor extremistisch motivierten Straftaten verbessert werden. Bei gefährdeten unmündigen Minderjährigen soll ein Betretungsverbot für den Bereich der Schule oder sonstiger Betreuungseinrichtungen auch unabhängig von einem Betretungsverbot der Wohnung ausgesprochen werden können. Zusätzlich wird die Möglichkeit der präventiven Rechtsaufklärung von Gefährdern geschaffen. Durch die Schaffung einer Gefährderansprache zur Deradikalisierung sollen Betroffene in einem Gespräch über das besondere Gefährdungspotential einer weiteren Radikalisierung und die damit verbundenen Rechtsfolgen unterrichtet und auf bestehende Unterstützungsangebote hingewiesen werden können. Zusätzlich soll es bestimmten Sicherheitsbehörden möglich sein, den Betroffenen bescheidmäßig zum Erscheinen bei einer Dienststelle zu verpflichten.
Auch wer Frauen massiv sexuell belästigt hat bzw in gewalttätige Auseinandersetzungen verwickelt war, muss künftig mit spezifischen behördlichen Ermahnungen rechnen. Demnach können Personen, die „einen gefährlichen Angriff gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung oder einen gefährlichen Angriff unter Anwendung von Gewalt“ begangen haben, von den Sicherheitsbehörden vorgeladen werden, um sie über rechtskonformes Verhalten zu belehren und auf drohende Konsequenzen von fortgesetztem Fehlverhalten hinzuweisen. Vorausgesetzt, dass weitere ähnliche Vorkommnisse drohen. Insbesondere Fremde sind bei dieser Gelegenheit zusätzlich über die Grundwerte des Zusammenlebens in einem demokratischen Staat und über das gesellschaftliche Leben in Österreich aufzuklären, wie in den Erläuterungen festgehalten wird. Personen, die Ladungen bzw Meldepflichten nicht nachkommen, droht eine Verwaltungsstrafe.
Zur Vorbeugung familiärer Gewalt ist es künftig möglich, für Kindergärten und Schulen ein gesondertes Betretungsverbot zu verhängen. Außerdem wird eine gesetzliche Grundlage für die „präventive Rechtsaufklärung“ geschaffen. Diese wird seit 2011 durch besonders geschulte Beamte durchgeführt, um mit dem Gefährder seine persönliche Situation zu besprechen und ihm die Konsequenzen seines Verhaltens vor Augen zu führen. Künftig können die Betroffenen auch zwangsweise geladen werden. Ebenso dürfen Polizeibeamte zur Durchsetzung eines verhängten Betretungsverbots für bestehende Schutzzonen, etwa zur Verhinderung von Drogenhandel rund um Schulen, in Hinkunft notfalls auch Zwangsgewalt ausüben.
Auch werden die Bestimmungen im Sicherheitspolizeigesetz in Bezug die die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung neu gefasst. Demnach kann die Exekutive künftig bereits dann eingreifen, wenn eine oder mehrere Personen die öffentliche Ordnung durch ein Verhalten stören, „das geeignet ist, berechtigtes Ärgernis zu erregen“. Konkrete Beschwerden müssen nicht vorliegen, auch „ein besonders rücksichtsloses Verhalten“ ist, anders als bisher, keine Voraussetzung für ein polizeiliches Einschreiten mehr. Als Beispiele werden in den Erläuterungen etwa das aufdringliche Nachgehen einer Person oder das Verstellen von Geschäftspassagen genannt. Das verfassungsrechtlich gewährleistete Recht auf freie Meinungsäußerung und auf Versammlungsfreiheit darf, innerhalb der allgemeinen gesetzlichen Schranken allerdings nicht beeinträchtigt werden.
Neben einer Wegweisung durch die Polizei drohen bei einer Störung der öffentlichen Ordnung auch Geldstrafen, wobei der Strafrahmen von 350 Euro auf 500 Euro angehoben wird. Auch allgemeines aggressives Verhalten gegenüber der Polizei kann künftig als Verwaltungsübertretung geahndet werden, selbst wenn dadurch keine konkrete Amtshandlung behindert wird.
Ausgeweitet wird auch die Möglichkeit, Personen zum Zweck der Feststellung ihrer Identität erkennungsdienstlich zu behandeln, also etwa ihre Fingerabdrücke abzunehmen. Bisher ist das, abseits von Straftaten, grundsätzlich nur dann erlaubt, wenn sich der Betreffende in einem Zustand der Hilflosigkeit befindet. Außerdem können künftig auch Personen, die im Verdacht stehen, ein vergleichsweise geringfügiges Sexualdelikt begangen zu haben, zur Abgabe einer DNA-Probe gezwungen werden. Derzeit gilt das nur für einschlägige Straftaten, die mit einer mindestens einjährigen Freiheitsstrafe bedroht sind.
Weitere Befugniserweiterungen der Exekutive betreffen die Speicherung von Daten mutmaßlich gefährlicher Personen und deren Ausschreibung zur verdeckten Kontrolle sowie die Konfiszierung von Ausweisdokumenten, die von einer ausländischen Behörde zur Verhinderung der Ausreise von „foreign fighters“ für ungültig erklärt wurden. Fahndungsdaten dürfen künftig auch an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl bzw an ausländische Asylbehörden weitergegeben werden. Auch wird es erlaubt sein, aus Anlass der Anmeldung eins Fahrzeugs zu überprüfen, ob dieses zur Fahndung ausgeschrieben ist. Zu mehr Sicherheit sollen darüber hinaus ein Waffenmitnahmeverbot und die Durchführung von Sicherheitskontrollen in Gebäuden des Innenministeriums und nachgeordneter Dienststellen beitragen.
Zur Verwaltungsvereinfachung soll das sprengelüberschreitende Einschreiten von Organen der Sicherheitsbehörden gemäß § 14 Abs 3 SPG auch aus Gründen der Raschheit und Zweckmäßigkeit zulässig sein. Damit wird sichergestellt, dass die Organe schnellstmöglich am Einsatzort eintreffen können. Außerdem soll die Sicherheit in Gebäuden und Räumlichkeiten, die zur Nutzung durch das Bundesministerium für Inneres und diesem organisatorisch nachgeordnete Dienststellen gewidmet sind, durch ausdrückliche Verankerung eines Waffenmitnahmeverbots und von Sicherheitskontrollen gewährleistet werden.
Zur Gewährleistung einer raschen und effektiven Unterstützung bei der Koordination und Administration von (Notruf-)Einsätzen soll eine Rechtsgrundlage zur Führung einer zentralen Datenanwendung zur Einsatzunterstützung geschaffen werden.
Zur Durchsetzung dieses Vorhabens werden daher das Sicherheitspolizeigesetz, das EU-Polizeikooperationsgesetz und das Waffengebrauchsgesetz geändert.