Mit einem Schreiben wurden Unterlassungen von Bürgermeistern und als sonstige „Verantwortliche“ bezeichneten Personen bei einer Staatsanwaltschaft angezeigt, einen Missbrauch der Amtsgewalt begangen zu haben. Die Staatsanwaltschaft veranlasste nur eine Verfügung „§ 190 Z 1 StPO“ sowie eine Verständigung einer der angezeigten Personen und der Anzeigerin jeweils „von der Einstellung des Ermittlungsverfahrens“. Beide Verständigungen enthielten im Wesentlichen die Informationen, dass das gegenständliche Sachverhaltssubstrat bereits mehrfach zur Anzeige und das Ermittlungsverfahren jeweils rechtsgültig eingestellt wurde. Überdies ist die geltend gemachte amtsmissbräuchliche Erteilung bzw Nichterteilung gewerberechtlicher Genehmigungen durch Organe des Landes und des Bundes verjährt.
Dagegen erhob die Anzeigerin einen Antrag auf Fortsetzung des eingestellten Ermittlungsverfahrens. Die Staatsanwaltschaft übermittelte das Schreiben unter Anschluss einer „Stellungnahme zum Antrag auf Fortführung“ dem zuständigen Landesgericht für Strafsachen, welches den Beschluss auf Fortführung des Ermittlungsverfahrens wegen des Verdachts des Verbrechens des Missbrauchs der Amtsgewalt fasste.
Die dagegen von der Generalprokuratur erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes zeigte mehrere Gesetzesverletzungen auf:
Zur-Kenntnis-Gelangen des Verdachts einer Straftat durch eine Anzeige ist vom Ermitteln zu unterscheiden: Ersteres verpflichtet zu Letzterem. Ermitteln bedeutet also: Tätigwerden aufgrund eines zur Kenntnis gelangten Sachverhalts.
Um Menschen davor zu schützen, ohne Anlass zum Objekt eines Strafverfahrens zu werden, ist die Staatsanwaltschaft verpflichtet, einen zur Kenntnis genommenen Sachverhalt zuerst rechtlich dahin zu beurteilen, ob er in Richtung eines Geschehens deutet, das – als erwiesen angenommen – einem Tatbestand des materiellen Strafrechts subsumierbar, mithin als Verdacht einer Straftat zu bewerten ist.
Lediglich ein einmal in Gang gekommenes Ermittlungsverfahren kann eingestellt werden. A limine zurückgelegte Anzeigen oder sonst nicht zum Anlass für Ermittlungen genommene Sachverhalte sind kein Fall des § 190 StPO, lösen folglich keine Informations‑ und Verständigungspflichten aus und sind kein Gegenstand einer Fortführung des Ermittlungsverafhrens. Irrig erteilte Belehrungen über die Zulässigkeit eines Antrags auf Fortführung eines ‑ nicht geführten ‑ Ermittlungsverfahrens ändern daran nichts.
Soweit die Staatsanwaltschaft in ihrer Begründung für die Zurücklegung der Anzeige auf Verfahrensführung zum selben Prozessgegenstand Bezug genommen hat, liegt darin, wie zur Klarstellung angemerkt sei, keine Fortführungsanordnung samt gleichzeitiger Einstellung.
Der Oberste Gerichtshof hob den für die Verdächtigen nachteiligen Beschluss auf und wies den Fortführungsantrag der Anzeigerin in Ermangelung eines Ermittlungsverfahrens als Bezugspunkt der Antragstellung zurück.
Weiters zeigte die Nichtigkeitsbeschwerde überdies zutreffend eine verfehlte Beurteilung des Verbots wiederholter Strafverfolgung durch die in der Beschlussbegründung vertretene Ansicht auf, „der Grundsatz ’ne bis in idem’“ verhindere „nur eine neuerliche Entscheidung bzw Verurteilung in derselben Sache. Ein neuerliches Ermittlungsverfahren“ stelle „sohin keinesfalls einen Verstoß gegen den Grundsatz ’ne bis in idem‘ dar“. Das widerspricht dem klaren Wortlaut nicht nur des § 17 StPO, sondern auch des I. Abschnitts des 16. Hauptstücks der StPO, wo auf „Verfolgung“, nicht „Entscheidung bzw Verurteilung“ abgestellt wird.