Ergibt sich für einen Arzt in Ausübung seines Berufes der Verdacht, dass durch eine gerichtlich strafbare Handlung der Tod oder eine schwere Körperverletzung herbeigeführt wurde, so hat der Arzt einer Sicherheitsbehörde unverzüglich Anzeige zu erstatten.
Die Anzeigepflicht des Arztes ist eine persönliche Berufspflicht des Arztes und gilt daher auch für Spitalsärzte.
Eine schwere Körperverletzung liegt dann vor, wenn die Tat eine länger als 24 Tage dauernde Gesundheitsschädigung oder Berufsunfähigkeit zur Folge hat, oder die Tat an sich schwer ist. Ob eine an sich schwere Körperverletzung vorliegt, ist nach dem Einzelfall zu beurteilen und wird angenommen, wenn ein wichtiges Organ oder Körperteil betroffen ist oder der Heilungsverlauf ungewiss ist – zB Brüche großer Knochen, Verlust von Zähnen, Gehirnerschütterungen, Bewusstlosigkeit, Verlust der Zeugungsfähigkeit.
Ergibt sich für den Arzt in Ausübung seines Berufes der Verdacht, dass ein Minderjähriger misshandelt, gequält, vernachlässigt oder sexuell missbraucht worden ist, so hat der Arzt Anzeige an die Sicherheitsbehörde zu erstatten. Richtet sich der Verdacht gegen einen nahen Angehörigen, so kann die Anzeige so lange unterbleiben, als dies das Wohl des Minderjährigen erfordert und eine Zusammenarbeit mit dem Kinder- und Jugendhilfeträger und gegebenenfalls eine Einbeziehung einer Kinderschutzeinrichtung an einer Krankenanstalt erfolgt.
Nahe Angehörige sind Ehegatten, Verwandte in gerader Linie (Vater, Mutter, Großvater, Großmutter), Bruder, Schwester oder andere Angehörige, sofern das Opfer mit diesen in Hausgemeinschaft lebt.
Angehörige sind zB Schwager und Schwägerinnen, Wahl und Pflegeeltern sowie Vormunde. Personen, die in außerehelicher Lebensgemeinschaft leben, werden ebenfalls wie Angehörige behandelt.