Der Angeklagten wurde vorgeworfen, an ihrem Arbeitsplatz, einem Betrieb, in dem im wesentlichen Waren veräußert werden, eine Vielzahl an Diebstählen begangen zu haben, in dem sie Produkte aus dem Betrieb weggenommen und sich dadurch unrechtmäßig bereichert habe.
Die Angeklagte wurde eines Tages vor vollendete Tatsachen gestellt, in dem in ihrem Haus eine Hausdurchsuchung stattfand und eine Vielzahl an Produkten beschlagnahmt wurden. Bei der ersten Einvernahme, unmittelbar nach der Hausdurchsuchung, wurde sie mit den Vorwürfen konfrontiert und damit, dass ihr Arbeitsplatz seit Monaten mittels Video überwacht wurde. Viele Kolleginnen hätten sie massiv belastet.
Eine Einvernahme in einer solchen psychischen Ausnahmesituation ist grundsätzlich abzuraten. Es hätte bereits hier der Verständigung eines Verteidigers in Strafsachen oder Rechtsanwaltes für Strafrecht bedurft. Abgesehen davon, konnte der Beschuldigten gar kein detaillierter Akteninhalt zur Kenntnis gebracht werden.
In weiterer Folge, die Angeklagte war dann bereits durch einen Rechtsanwalt für Strafrecht vertreten, musste die Beschuldigte aufgrund der Vielzahl ihr vorgeworfener Fakten jedes einzelne Faktum akribisch und anhand alter Aufzeichnungen durchgehen um für sich Entlastendes zu eruieren.
Letztlich wurde Anklage erhoben, die Hauptverhandlung musste mit mehreren vollen Tagen zu mehr als acht Stunden anberaumt werden, da eine Vielzahl an Zeugen zu einer Vielzahl an Fakten zu vernehmen waren, Videos präsentiert werden sollten und immer wieder neue Unterlagen von der Privatbeteiligten vorgelegt wurden.
Die Einvernahmen brachten haarsträubende Arbeitsweisen der Polizei hervor, die sich bloß auf vage Behauptungen von Zeugen und von der Privatbeteiligten in einem Konvolut von cirka 800 Seiten vorgelegte Dokumente stützten, die bloß belegen konnten, dass die Warenbestände in dem Unternehmen falsch waren. Die Warenbestände waren jedoch nicht bloß im Minus sondern teilweise auch im Plus, es hatte offensichtlich schwere organisatorische Mängel bei der Ein- und Ausbuchung von Waren gegeben. Absurd war, dass man der Angeklagten sämtliche Warenfehlbestände anzulasten versuchte.
Protokolle des Warenerfassungssystems wurden akribisch analysiert und wurden teilweise von sämtlichen am Prozess Beteiligten unterschiedlich interpretiert.
Lange zeit konnte die Angeklagte glaubhaft versichern, mit einzelnen, ihr vorgeworfenen Fakten nichts zu tun zu haben. Aufgrund der Vielzahl an Fakten und der Verantwortung der Angeklagten nahm der Richter jedoch an, dass gelegentlich tatsächlich die besondere Beziehung zwischen der Angeklagten und ihrer Chefin ausgenützt wurde um Waren an sich zu nehmen, ohne diese zu bezahlen.
Dieser Eindruck und auch die schwierigen Umstände der Beweiserbringung mündeten letztlich in ein Diversionsangebot.
Der Angeklagten wurden letztlich, statt einer Strafe bis zu fünf Jahre bis zum 31.12.2015, ab 01.01.2016 bis sechs Monaten, da Gewerbsmäßigkeit nicht mehr anzunehmen war, eine Diversion mit Zahlung einer Geldbuße von 600 Euro gewährt.