Als Ziel des Strafrechtsänderungsgesetzes 2015 wurde eine raschere Reaktion durch die Gesundheitsbehörden bei Suchtmittelmissbrauch und Steigerung der Effizienz gesundheitsbezogener Maßnahmen (Vereinheitlichung der Verfahrensabläufe, Entbürokratisierung, Reduktion der Anfragen an das Suchtmittelregister) vorgegeben.
Die bisherigen Verfahrensabläufe bei Suchtmitteldelinquenz bewirkten einen hohen bürokratischen Aufwand, der eine rasche Reaktion verzögert. Dies war gerade aus gesundheitspolitscher Sicht kontraproduktiv. Schließlich war bekannt, dass gesundheitsbezogene Maßnahmen insbesondere dann zweckmäßig sind, wenn die Maßnahmen in einem frühen Stadium der Abhängigkeit ansetzen. Die Dauer des Suchtmittelmissbrauchs wirkt sich erheblich auf das Therapieverhalten und die Erfolgswahrscheinlichkeiten aus. Aus diesem Grund ist es bedeutsam, die gesundheitsbezogenen Maßnahmen so rasch wie möglich anzusetzen.
Ausgangszustand Zeitpunkt der WFA (= Wirkungsorientierte Folgenabschätzung) hinsichtlich des oben umschriebenen Ziels betreffend Suchtmittelkriminalität:
Nach der bisherigen rechtlichen Situation gibt es im Wesentlichen zwei Wege, die zu einem Strafverfahren wegen des Verdachts der Begehung eines Suchtmitteldeliktes führen: Zum einen sind Behörden oder öffentliche Dienststellen gemäß § 78 StPO verpflichtet, einen ihnen bekannt gewordenen Verdacht einer Straftat, die ihren gesetzmäßigen Wirkungsbereich betrifft, an Kriminalpolizei oder Staatsanwaltschaft anzuzeigen. Zum anderen haben Schulleiter sowie militärische Dienststellen unter den in § 13 Abs 1 bzw 2 SMG genannten Voraussetzungen sowie bei Verstößen im Straßenverkehr nach § 5 Abs 12 StVO anstelle einer Strafanzeige die Bezirksverwaltungsbehörde als Gesundheitsbehörde zu verständigen. Diese wiederum hat gem § 14 Abs 1 SMG Strafanzeige (nur) dann zu erstatten, wenn sich die verdächtige Person der notwendigen, zweckmäßigen, nach den Umständen möglichen und zumutbaren und nicht offenbar aussichtslosen gesundheitsbezogenen Maßnahme nach § 11 Abs 2 SMG nicht unterzieht, oder statt einer Strafanzeige sogleich eine Stellungnahme nach § 35 Abs 3 Z 2 SMG zu erstatten, wenn Grund zur Annahme besteht, dass die Voraussetzungen des § 35 SMG (vorläufige Zurücklegung der Anzeige) vorliegen. Die Anzeigepflicht der Bezirksverwaltungsbehörde gemäß § 78 StPO entfällt hier also nach geltendem Recht in jenen Fällen, in denen sich der Betroffene den gesundheitsbezogenen Maßnahmen gemäß § 11 Abs 1 und 2 SMG unterzieht.
Im bisherigen System gab es somit eine Differenzierung je nachdem, welcher Behörde ein Verdacht bekannt wurde, dass eine Person eine Straftat nach § 27 Abs 1 und 2 SMG begangen hat. Die Staatsanwaltschaft wiederum hatte bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen gemäß § 35 Abs 1 SMG von der Verfolgung einer Straftat nach den §§ 27 Abs 1 und 2 oder 30 SMG zurückzutreten. Nach § 35 Abs 3 SMG setzt ein vorläufiger Rücktritt von der Verfolgung voraus, dass 1. eine Auskunft des BMG im Sinne des § 26 SMG (also aus dem Suchtmittelregister) und 2. eine Stellungnahme der Bezirksverwaltungsbehörde als Gesundheitsbehörde darüber eingeholt worden sind, ob der Beschuldigte einer gesundheitsbezogenen Maßnahme gemäß § 11 Abs 2 SMG bedarf, um welche Maßnahme es sich gegebenenfalls handeln soll, ob eine solche Maßnahme zweckmäßig, ihm nach den Umständen möglich und zumutbar und nicht offenbar aussichtslos ist. Die Staatsanwaltschaft konnte von der Einholung solcher Stellungnahmen der Bezirksverwaltungsbehörde im Rahmen des § 35 Abs 4 SMG absehen.
Zielzustand Evaluierungszeitpunkt (= 2021):
Nachdem mittlerweile bekannt ist, dass gesundheitsbezogene Maßnahmen insbesondere dann zweckmäßig sind, wenn die Maßnahmen in einem frühen Stadium der Abhängigkeit ansetzen, soll durch Mitteilung an die Gesundheitsbehörden ohne die vorherige Durchführung eines Ermittlungsverfahrens (Abs 2b) sowie nach durchgeführten Ermittlungen der Kriminalpolizei (Abs 2b), eine wesentlich raschere Reaktion der Gesundheitsbehörden gewährleistet sein, welche wiederum die Effizienz der gesundheitsbezogenen Maßnahmen sowie den Erfolg der Therapien bei Suchtkranken steigern soll. Damit einhergehend soll es zu einer erheblichen Reduktion jener Verfahren bei Staatsanwaltschaft und Gericht kommen, bei denen die Staatsanwaltschaft zwingend von der Verfolgung nach § 35 SMG zurückzutreten oder das Gericht das Verfahren nach § 37 SMG einzustellen hat. Die vorgeschlagenen Änderungen sollten auch zu einer erheblichen Reduktion von Anfragen der Justiz an das Suchtmittelregister sowie von Stellungnahmen der Bezirksverwaltungsbehörden als Gesundheitsbehörden an die Justiz führen.
Ferner soll durch die Möglichkeit der Bezirksverwaltungsbehörden ohne Ladungsbescheid die Betroffenen laden zu können das Ziel der Steigerung der Effizienz gesundheitsbezogener Maßnahmen Rechnung getragen werden. Ein weiterer Schritt im Sinne eines effizienten Ressourceneinsatzes stellt die Klarstellung in § 13 Abs 3 dar, wonach Bezirksverwaltungsbehörden in den in § 35 Abs 4 genannten Fällen nicht nach § 12 vorgehen müssen.
Um diese Ziele umzusetzen werden daher folgende Maßnahmen getroffen:
Jede Behörde oder öffentliche Dienststelle soll dazu angehalten werden, in den Fällen, in denen der Anfangsverdacht besteht, dass eine Person eine Straftat nach §§ 27 Abs 1 und 2 oder 30 SMG ausschließlich für den eigenen persönlichen Gebrauch oder den persönlichen Gebrauch eines anderen begangen hat, ohne dass diese Person daraus einen Vorteil gezogen hat, anstelle einer Strafanzeige an die Kriminalpolizei oder die Staatsanwaltschaft (§ 78 StPO) diesen Umstand der Bezirksverwaltungsbehörde als Gesundheitsbehörde mitzuteilen. Wird ein Verdacht der Kriminalpolizei bekannt, so hat sie den Sachverhalt zu klären und allfällige Sicherstellungsmaßnahmen zu setzen. Kommt die Kriminalpolizei nach durchgeführten Ermittlungen zu dem Ergebnis, dass bloß ein Verdacht im Sinn des § 13 Abs 2a SMG besteht, so hat sie diesen Umstand der Bezirksverwaltungsbehörde als Gesundheitsbehörde mitzuteilen und gleichzeitig der Staatsanwaltschaft darüber zu berichten. Die Bezirksverwaltungsbehörde als Gesundheitsbehörde hat nach § 12 SMG vorzugehen (§ 13 Abs 3 SMG). § 12 Abs 1 SMG verlangt als Grundlage für das Tätigwerden der Gesundheitsbehörde das Vorliegen bestimmter Tatsachen, die zunächst die Annahme rechtfertigen, dass jemand Suchtgift missbraucht. Missbrauch von Suchtgift im Sinne des § 12 Abs 1 SMG liegt vor, wenn Suchtgift ohne medizinische Indikation konsumiert wird. Mitteilung iSv Abs 2b beinhalten durch die hinreichende Klärung des Sachverhalts durch die Kriminalpolizei das Vorliegen „bestimmter Tatsachen“. Eine Mitteilung wegen des Verdachts des Erwerbs und Besitzes, der Erzeugung, Weitergabe, Ein- oder Ausfuhr von Suchtgift iSv Abs 2a ist nur dann Grundlage für eine Begutachtung, wenn sie konkrete Hinweise auf ein missbräuchliches Konsumverhalten beinhaltet. Hat die Prüfung ergeben, dass bestimmte Tatsachen die Annahme eines Suchtgiftmissbrauchs mit Gegenwartsbezug nahe legen, so ist im nächsten Schritt zu prüfen, ob es sich dabei um die erstmalige einschlägige Mitteilung zu der betreffenden Person handelt. In einem solchen Fall ist eine Begutachtung zu veranlassen. In den in § 35 Abs 4 genannten Fällen muss die Bezirksverwaltungsbehörde im Sinne eines effizienten Ressourceneinsatzes nicht nach § 12 vorgehen (§ 13 Abs 3).
Die betroffene Person hat sich den dafür notwendigen Untersuchungen zu unterziehen (§ 12 Abs 1 zweiter Satz SMG). Ergibt die Begutachtung, dass eine gesundheitsbezogene Maßnahme gemäß § 11 Abs 2 SMG notwendig ist, so hat die Bezirksverwaltungsbehörde als Gesundheitsbehörde darauf hinzuwirken, dass sich die Person einer solchen zweckmäßigen, ihr nach den Umständen möglichen und zumutbaren und nicht offenbar aussichtslosen Maßnahme unterzieht (§ 12 Abs 2 erster Satz SMG). Die Bezirksverwaltungsbehörde hat gemäß § 14 Abs 1 erster Satz SMG Strafanzeige zu erstatten, wenn sich die verdächtige Person der notwendigen, zweckmäßigen, nach den Umständen möglichen und zumutbaren und nicht offenbar aussichtslosen gesundheitsbezogenen Maßnahme nach § 11 Abs 2 SMG nicht unterzieht (689 der Beilagen zu BGBl I Nr. 112/2015 der XXV. GP – Regierungsvorlage – Vorblatt und WFA).
In den erläuternden Bemerkungen findet sich:
Mit der vorgeschlagenen Änderung soll Österreich dem internationalen Trend der Ressourcenkonzentration auf schwerwiegendere Suchtgiftdelikte folgen, ohne dass damit eine Entkriminalisierung einhergeht. Die hier vorgeschlagenen Regelungen ändern nichts an den Straftatbeständen, weshalb sie auch mit den Verpflichtungen aus internationalen Übereinkommen sowie nach Unionsrecht im Einklang stehen.
Zu den Änderungen im Suchtmittelgesetz heißt es:
1. Mittlerweile ist anerkannt, dass Sucht eine Erkrankung ist, deren Entstehung komplexe Ursachen und Zusammenhänge hat und nicht als eine Charakterschwäche oder moralisches Fehlverhalten anzusehen ist. Die Ursachen für die Entwicklung eines Missbrauchs- oder Suchtproblems liegen nicht bloß in der Verfügbarkeit von psychoaktiven Substanzen (wie zB Alkohol, Tabak oder illegale Drogen) oder sonstigen Angeboten (zB Glückspiel), an denen sich eine Suchterkrankung manifestieren kann. Suchtprävention und Suchthilfe müssen daher bei den Ursachen für mögliche Problementwicklungen ansetzen und im Fall der Entwicklung problematischen Konsums auf die Minimierung schädlicher Folgen zielen. Gesundheitsbezogene Maßnahmen sollen, wo sie geboten sind um die Verfestigung von Konsummustern mit Risikopotenzial bzw. die Entwicklung von Abhängigkeit zu verhindern, in einem frühen Stadium ansetzen. Die Dauer des Suchtmittelmissbrauchs kann sich erheblich auf das Therapieverhalten und die Erfolgswahrscheinlichkeiten auswirken. Aus diesem Grund sollen die als geboten erkannten gesundheitsbezogenen Maßnahmen so rasch wie möglich ansetzen.
Ein rascheres Handeln wäre auch im Sinne der jüngsten Judikatur des VwGH geboten. So setzt die Erlassung eines Ladungsbescheides durch die Verwaltungsbehörden eine gewisse Aktualität des angeblichen Suchtmittelkonsums voraus. Nach neueren Erkenntnissen des VwGH (2001/11/134; 2001/11/135; 2001/11/0348; 2002/11/0109 und neuerdings 2009/11/0039, 2009/11/0038, 2009/11/0061, 2010/11/0099) wurden Ladungsbescheide, die aufgrund eines vier Monate zurück liegenden Konsums erlassen wurden, wegen Rechtswidrigkeit behoben. Der derzeitige Verfahrensablauf lässt diese rasche Reaktion der Gesundheitsbehörden in vielen Fällen nicht zu. Die Sinnhaftigkeit jener Fälle, die – nach nicht unbeträchtlichem Verfahrensaufwand – zwingend einzustellen sind, wird von den damit befassten Polizisten und Justizbediensteten regelmäßig in Frage gestellt. Der eigennützige Gebrauch oder das vorteillose Überlassen von Suchtmitteln an einen Dritten zu dessen eigenem Gebrauch nach § 27 Abs. 1 und 2 SMG ist ungeachtet spezialpräventiver Bedenken (etwa infolge mehrfacher einschlägiger Vordelinquenzen nach dem SMG [15 Os 181/10x; 13 Os 81/05v], einer laufenden Probezeit wegen einer Verurteilung nach dem SMG [11 Os 157/10p; 12 Os 66/08k]) oder besonderer Umstände bei der Tatbegehung (zB Erwerb und Besitz von Suchtgift durch einen Strafgefangenen in einer Haftanstalt [13 Os 40/08v]) zwingend mit einer Diversion nach § 35 Abs. 1, § 37 SMG zu erledigen. In der Praxis führt die Missachtung dieser Bestimmungen dazu, dass der OGH korrigierend eingreifen muss (was wiederum erheblichen Verfahrensaufwand in Verfahren geringer Bedeutung mit sich bringt). Auch wenn der Erfolg des Modells „Therapie statt Strafe“ grundsätzlich unbestritten ist, so führen Fälle, in denen es nach diversioneller Verfahrenserledigung erneut zu Anzeigen kommt, bei den damit Befassten zu subjektiven Zweifeln an der Sinnhaftigkeit. Dies wird noch dadurch verstärkt, dass den zahlreichen diversionellen Erledigungen nur eine geringe Zahl von Verurteilungen gegenüber steht, bei denen Delikte nach § 27 SMG strafsatzbestimmend sind, und die somit ausschließlich wegen solcher Delikte ergangen sind.
2. Nach der geltenden Rechtslage gibt es im Wesentlichen zwei Wege, die zu einem Strafverfahren wegen des Verdachts der Begehung eines Suchtmitteldeliktes führen: Zum einen sind Behörden oder öffentliche Dienststellen gemäß § 78 StPO verpflichtet, einen ihnen bekannt gewordenen Verdacht einer Straftat, die ihren gesetzmäßigen Wirkungsbereich betrifft, an Kriminalpolizei oder Staatsanwaltschaft anzuzeigen. Zum anderen haben Schulleiter sowie militärische Dienststellen unter den in § 13 Abs 1 bzw 2 SMG genannten Voraussetzungen sowie bei Verstößen im Straßenverkehr nach § 5 Abs 12 StVO anstelle einer Strafanzeige die Bezirksverwaltungsbehörde als Gesundheitsbehörde zu verständigen. Diese wiederum hat gem. § 14 Abs 1 SMG Strafanzeige (nur) dann zu erstatten, wenn sich die verdächtige Person der notwendigen, zweckmäßigen, nach den Umständen möglichen und zumutbaren und nicht offenbar aussichtslosen gesundheitsbezogenen Maßnahme nach § 11 Abs 2 SMG nicht unterzieht, oder statt einer Strafanzeige sogleich eine Stellungnahme nach § 35 Abs 3 Z 2 SMG zu erstatten hat, wenn Grund zur Annahme besteht, dass die Voraussetzungen des § 35 SMG (vorläufige Zurücklegung der Anzeige) vorliegen. Die Anzeigepflicht der Bezirksverwaltungsbehörde gemäß § 78 StPO entfällt hier also nach geltendem Recht in jenen Fällen, in denen sich der Betroffene den von der Gesundheitsbehörde als zweckmäßig erkannten gesundheitsbezogenen Maßnahmen gemäß § 11 Abs. 1 und 2 SMG unterzieht. Im derzeitigen System gibt es somit eine Differenzierung je nachdem, welcher Behörde ein Verdacht bekannt wird, dass eine Person eine Straftat nach § 27 Abs 1 und 2 SMG begangen hat. Tatsächlich ist es jedoch nur schwer zu rechtfertigen, weshalb das Eintreten der mit einem Strafverfahren einhergehenden negativen Folgen allein davon abhängt, welcher Behörde der Verdacht bekannt wird und führt insbesondere bei Schülern immer wieder dazu, dass ein Herantragen des Sachverhalts an die Kriminalpolizei die Intention des § 13 Abs 1, gesundheitsbezogene Interventionen schulintern zu setzen, zunichtemacht. Die Sicherheitsbehörden haben wegen des Verdachts einer Straftat nach den §§ 27 bis 32 SMG an die Staatsanwaltschaft zu berichten (§ 100 StPO).
Die Staatsanwaltschaft wiederum hat bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen gemäß § 35 Abs 1 SMG von der Verfolgung einer Straftat nach den §§ 27 Abs 1 und 2 oder 30 SMG zurückzutreten.
Nach § 35 Abs 3 SMG setzt ein vorläufiger Rücktritt von der Verfolgung voraus, dass 1. nach § 26 SMG eine Auskunft aus dem vom BMG zu führenden Suchtmittelregister und 2. eine Stellungnahme der Bezirksverwaltungsbehörde als Gesundheitsbehörde darüber eingeholt worden sind, ob der Beschuldigte einer gesundheitsbezogenen Maßnahme gemäß § 11 Abs 2 SMG bedarf, um welche Maßnahme es sich gegebenenfalls handeln soll, ob eine solche Maßnahme zweckmäßig, ihm nach den Umständen möglich und zumutbar und nicht offenbar aussichtslos ist. Die Staatsanwaltschaft kann von der Einholung solcher Stellungnahmen der Bezirksverwaltungsbehörde im Rahmen des § 35 Abs 4 SMG absehen.
3. Eine Anzeige an die Kriminalpolizei bzw eine Beanstandung durch diese selbst löst verschiedene Verständigungspflichten aus. Nach § 14 Abs 2 SMG haben die Sicherheitsbehörden der Bezirksverwaltungsbehörde als Gesundheitsbehörde die von ihnen wegen des Verdachts einer Straftat nach den §§ 27, 28 oder 28a SMG an die Staatsanwaltschaft erstatteten Berichte unverzüglich mitzuteilen. Daneben ist das Bundesministerium für Inneres nach § 24a Abs. 1 Z 1 SMG verpflichtet, die diesbezüglich erstatteten Abschlussberichte an das Suchtmittelregister zu melden.
Die Staatsanwaltschaften haben jeden Rücktritt und jeden vorläufigen Rücktritt von der Verfolgung einer Straftat nach den §§ 27 bis 32 SMG an das Suchtmittelregister zu melden.
4. Mit den vorgeschlagenen Änderungen sollen die Abläufe vereinheitlicht und der Informationsfluss vereinfacht werden. Damit soll eine raschere Reaktion der Gesundheitsbehörden bei Suchtmittelmissbrauch ermöglicht werden, ohne etwas an den Straftatbeständen zu ändern, weshalb die Änderungen auch mit den Verpflichtungen aus internationalen Übereinkommen sowie nach Unionsrecht im Einklang stehen.
4.1. Zunächst soll nach dem vorgeschlagenen § 13 Abs 2a SMG eine Behörde oder öffentliche Dienststelle dazu angehalten werden, in den Fällen, in denen der Verdacht besteht, dass eine Person eine Straftat nach §§ 27 Abs. 1 und 2 ausschließlich für den eigenen persönlichen Gebrauch oder den persönlichen Gebrauch eines anderen begangen hat, ohne dass diese Person daraus einen Vorteil gezogen hat, anstelle einer Strafanzeige an die Kriminalpolizei oder die Staatsanwaltschaft (§ 78 StPO) diesen Umstand der Bezirksverwaltungsbehörde als Gesundheitsbehörde mitzuteilen. Die vorgeschlagenen Voraussetzungen decken sich mit jenen, unter denen nach geltendem Recht die Staatsanwaltschaft gemäß § 35 Abs 1 SMG von der Verfolgung zurückzutreten hat.
Für den Fall, dass die Behörde oder öffentliche Dienststelle Substanzen sicherstellt, bei denen es sich um Suchtgift handeln könnte, kommen zwei Vorgangsweisen in Betracht. Zum Einen kann in gleicher Weise vorgegangen werden, wie es derzeit bereits im Bereich der Schulbehörden (§ 13 Abs 1 SMG) praktiziert wird: Die verdächtigen Substanzen, werden der österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH (AGES), Abteilung für Analytik chemisch-pharmazeutischer Arzneimittel (CPAA), übermittelt (vormals Bundesanstalt für chemische und pharmazeutische Untersuchungen); siehe näher den Erlass des damaligen Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur vom 30. Dezember 1997, Zl 21.070/4-III/B/8/97 (abgedruckt bei Litzka/Matzka/Zeder, Suchtmittelgesetz Kurzkommentar, 2. Auflage, S. 812).
Zum Anderen kann die verdächtige Substanz der Polizei übergeben werden, ohne dass dabei die Identität der verdächtigen Person offengelegt wird; auch diese Vorgangsweise ist durch § 13 Abs 2a SMG gedeckt.
4.2. Für den Fall, dass der Kriminalpolizei ein Verdacht bekannt wird, so soll sie nach § 13 Abs 2b SMG – in diesem Punkt weicht der Vorschlag vom Begutachtungsentwurf ab, um in Stellungnahmen geäußerten Bedenken Rechnung zu tragen – den Sachverhalt hinreichend zu klären (Identität, Substanz, Menge, persönlicher Gebrauch, mögliche Weitergabe an Jugendliche etc.) und allfällige Sicherstellungsmaßnahmen zu setzen haben. Kommt die Kriminalpolizei nach durchgeführten Ermittlungen zu dem Ergebnis, dass bloß ein Verdacht im Sinn des § 13 Abs. 2a SMG besteht – also der Verdacht, dass die Person eine Straftat nach §§ 27 Abs. 1 und 2 ausschließlich für den eigenen persönlichen Gebrauch oder den persönlichen Gebrauch eines anderen begangen habe, ohne dass sie daraus einen Vorteil gezogen habe –, so hat sie diesen Umstand der Bezirksverwaltungsbehörde als Gesundheitsbehörde mitzuteilen und gleichzeitig der Staatsanwaltschaft darüber zu berichten (Abtretungsbericht). Ein derartiger Abtretungsbericht stellt eine weitere Form der Berichte der Kriminalpolizei an die Staatsanwaltschaft iSv § 100 StPO dar und ist in seiner Form dem Abschlussbericht des § 100 Abs 2 Z 4 nachgebildet.
Erachtet die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen der Kriminalpolizei für nicht hinreichend zur Aufklärung des Sachverhalts, so hat sie nach § 35 Abs 9 vorzugehen (siehe dazu unten).
4.3. Eine Mitteilung an die Gesundheitsbehörden ohne die vorherige Durchführung eines Ermittlungsverfahrens (Abs 2a) bzw. nach durchgeführten Ermittlungen der Kriminalpolizei (Abs 2b), aber immer ohne Einschreiten der Justiz soll den Gesundheitsbehörden eine wesentlich schnellere Reaktion ermöglichen. Damit soll eine Effizienzsteigerung gesundheitsbezogener Maßnahmen einhergehen, weil gesundheitsbezogene Maßnahmen, wo sie geboten sind um die Verfestigung von Konsummustern mit Risikopotenzial bzw. die Entwicklung von Abhängigkeit zu verhindern, in einem frühen Stadium ansetzen sollen. Die vorgeschlagenen Änderungen sollen zu einer erheblichen Reduktion jener Verfahren bei Staatsanwaltschaft und Gericht führen, bei denen die Staatsanwaltschaft zwingend von der Verfolgung nach § 35 SMG zurückzutreten oder das Gericht das Verfahren nach § 37 SMG einzustellen hat. Ferner sollte es auch zu einer erheblichen Reduktion von Anfragen der Justiz an das Suchtmittelregister sowie von Stellungnahmen der Bezirksverwaltungsbehörden als Gesundheitsbehörden an die Justiz kommen.
4.4. Die Bezirksverwaltungsbehörde als Gesundheitsbehörde hat nach § 12 SMG vorzugehen (§ 13 Abs 3 SMG). Dabei hat sie das von einer im Rahmen des Bundesdrogenforums eingesetzten Arbeitsgruppe erarbeitete und vom Bundesministerium für Gesundheit herausgegebene „Handbuch für die Vollziehung des § 12 SMG“ zu berücksichtigen.
§ 12 Abs 1 SMG verlangt als Grundlage für das Tätigwerden der Gesundheitsbehörde das Vorliegen bestimmter Tatsachen, die die Annahme rechtfertigen, dass jemand Suchtgift missbraucht. Missbrauch von Suchtgift im Sinne des § 12 Abs 1 SMG liegt vor, wenn Suchtgift ohne medizinische Indikation konsumiert wird.
Mitteilungen iSv Abs 2b beinhalten durch die hinreichende Klärung des Sachverhalts durch die Kriminalpolizei das Vorliegen „bestimmter Tatsachen“. Eine Mitteilung wegen des Verdachts des Erwerbs und Besitzes, der Erzeugung, Weitergabe, Ein- oder Ausfuhr von Suchtgift iSv Abs 2a ist nur dann Grundlage für eine Begutachtung, wenn sie konkrete Hinweise auf ein missbräuchliches Konsumverhalten beinhaltet. Hat die Prüfung ergeben, dass bestimmte Tatsachen die Annahme eines Suchtgiftmissbrauchs mit Gegenwartsbezug nahe legen, so ist im nächsten Schritt zu prüfen, ob es sich dabei um die erstmalige einschlägige Mitteilung zu der betreffenden Person handelt. In einem solchen Fall ist eine Begutachtung zu veranlassen. Der in § 13 Abs 3 vorgeschlagene neue Halbsatz soll dabei im Sinne eines effizienten Ressourceneinsatzes klarstellen, dass die Bezirksverwaltungsbehörde in den in § 35 Abs 4 genannten Fällen nicht nach § 12 vorgehen muss.
Die betroffene Person hat sich den dafür notwendigen Untersuchungen zu unterziehen (§ 12 Abs 1 zweiter Satz SMG). Ergibt die Begutachtung, dass eine gesundheitsbezogene Maßnahme gemäß § 11 Abs 2 SMG notwendig ist, so hat die Bezirksverwaltungsbehörde als Gesundheitsbehörde darauf hinzuwirken, dass sich die Person einer solchen zweckmäßigen, ihr nach den Umständen möglichen und zumutbaren und nicht offenbar aussichtslosen Maßnahme unterzieht (§ 12 Abs 2 erster Satz SMG).
Die Bezirksverwaltungsbehörde hat gemäß § 14 Abs. 1 erster Satz SMG Strafanzeige zu erstatten, wenn sich die verdächtige Person der notwendigen, zweckmäßigen, nach den Umständen möglichen und zumutbaren und nicht offenbar aussichtslosen gesundheitsbezogenen Maßnahme nach § 11 Abs 2 SMG nicht unterzieht.
5. Zum Zwecke der Überwachung der gesundheitsbezogenen Maßnahme soll mit dem vorgeschlagenen § 12 Abs 3 klargestellt werden, dass die Bezirksverwaltungsbehörde Personen, die sich einer gesundheitsbezogenen Maßnahme unterziehen, auffordern kann, Bestätigungen über Beginn und Verlauf der Maßnahme vorzulegen. Diese Bestimmung wird analog zu § 36 Abs 2 SMG vorgeschlagen.
6. Die Wendung „Suchtgift missbraucht“ in § 14 Abs 1 erster Satz SMG bedeutet, dass von den Bezirksverwaltungsbehörden ein tatsächlicher Konsum von Suchtgift mit hinreichender Sicherheit angenommen werden kann. Für die rein gesundheitsbehördliche Veranlassung einer amtsärztlichen Untersuchung reicht jedoch bereits, dass „aufgrund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass eine Person Suchtgift missbraucht“ (vgl. § 12 Abs. 1 SMG).
Nach der derzeitigen Praxis reichen die an die Bezirksverwaltungsbehörden übermittelten Mitteilungen zum Teil nicht aus, um beurteilen zu können, ob und wann tatsächlich ein Suchtgiftkonsum stattgefunden hat. Dies führt dazu, dass mangels Mitwirkung der betroffenen Person Zweifel offen bleiben, ob diese Person Suchtgift missbraucht.
Mit der vorgeschlagenen Einfügung eines neuen 2. Satzes in § 14 Abs 1 SMG soll klargestellt werden, dass auch in den Fällen, in denen der/die Eingeladene nicht zu Terminen erscheint oder nicht entsprechend mitwirkt, die Justizbehörden einzuschalten ist. Diese Einschaltung erfolgt wie bisher in den meisten Fällen in Form einer Anzeige, nur in Fällen, in denen der Verdacht der Staatsanwaltschaft aufgrund eines Abtretungsberichtes durch die Kriminalpolizei (§ 13 Abs 2b) bereits bekannt ist, ist der Umstand bloß mitzuteilen.
Damit soll für die Bezirksverwaltungsbehörden die Notwendigkeit entfallen, einen Ladungsbescheid erlassen zu müssen. Der Nachdruck, bei der Untersuchung mitzuwirken und zu den Terminen zu erscheinen, kann durch die Information erwirkt werden, dass bei Nichterscheinen eine Strafanzeige erstattet werden muss. Es soll in Hinkunft auch möglich sein, den Betroffen ohne Ladungsbescheid zu laden (mit Zustellnachweis); was den Vorteil mit sich bringt, dass diese Ladung als bloße Verfahrensanordnung nicht bekämpfbar ist. Dadurch fällt auch das Risiko weg, dass die Verwaltungsgerichte Ladungsbescheide wegen Rechtswidrigkeit aufheben. Es ermöglicht daher den Behörden eine „ernsthafte“ Ladung auch dann zu veranlassen, wenn etwa die Aktualität des Konsums iS der restriktiven Judikatur des VwGH fehlt. Schließlich gibt es in der Praxis auch ohne behördliche Verzögerung immer wieder Fälle, bei denen die Information über einen Missbrauch einige Monate alt ist, womit ein Ladungsbescheid nach derzeitiger Judikatur des VwGH nicht möglich ist.
7. In den soeben beschriebenen Fällen (Weigerung, sich den gesundheitsbezogenen Maßnahmen oder der Untersuchung zu unterziehen) hat die Bezirksverwaltungsbehörde mit Anzeige an die Staatsanwaltschaft vorzugehen. In den Fällen des § 13 Abs 2b ist der Staatsanwaltschaft der Sachverhalt aber bereits durch den Abtretungsbericht der Kriminalpolizei bekannt; in diesen Fällen erübrigt sich daher eine Anzeige, es genügt eine Mitteilung (neuer dritter Satz in § 14 Abs. 1 SMG).
Zu § 24a Abs 1 Z 1 SMG
Mit der vorgeschlagenen Änderung des § 24a Abs 1 Z 1 SMG wird die Pflicht des Bundesministeriums für Inneres, Berichte an das Suchtmittelregister zu melden, angepasst und auf Abtretungsberichte nach der neuen Bestimmung des § 13 Abs 2b SMG erweitert.
Zu § 35 Abs 9 SMG
Mit der Verständigung der Staatsanwaltschaft von der Einschaltung der Bezirksverwaltungsbehörde (Abtretungsbericht iSv § 13 Abs 2b SMG) bleibt die Staatsanwaltschaft Herrin des Strafverfahrens (dies entspricht, hat jedoch – mit Ausnahme der wenigen Fälle, in denen weitere Ermittlungen angeordnet werden – von der Verfolgung ohne weitere Schritte vorläufig zurückzutreten. In dieser vorgeschlagenen Einstellung nach § 35 Abs 9 SMG handelt es sich um eine besondere Form der Einstellung, die zwischen der Einstellung wegen Geringfügigkeit (§ 191 StPO) und der Einstellung auf Probezeit (§ 203 StPO, § 35 Abs 1 SMG) eingegliedert werden kann.
Zu § 38 Abs 1a SMG
Auf Grund der in § 38 Abs 1a SMG vorgeschlagenen Möglichkeit der Fortsetzung nach Mitteilung der Gesundheitsbehörde oder auf Antrag des Beschuldigten soll einerseits das Strafverfahren fortzusetzen sein, wenn sich der Beschuldigte den notwendigen Untersuchungen oder Maßnahmen (§ 14 Abs 1 SMG) nicht unterzieht und andererseits soll gewährleistet werden, dass jeder Beschuldigte ein Strafverfahren verlangen kann, wenn er mit den Auflagen des Amtsarztes nicht einverstanden ist.
Aus den in § 38 Abs 1a SMG normierten Gründen einer Fortsetzung, die innerhalb eines Jahres stattfinden kann, ergibt sich im Zusammenhalt mit dem geltenden dritten Absatz von § 38 SMG, dass nach Ablauf des Jahres das Verfahren jedenfalls endgültig einzustellen ist. Der Lauf der Jahresfrist beginnt mit der Zustellung der Verständigung.