Was ist eine Körperverletzung?
Die „Körperverletzung“ ist einer der Grundtatbestände des Strafgesetzbuches (StGB). Von ihr, in der geringsten Intensität, gehen eine Reihe schwererer Körperverletzungsdelikte aus. Zu den schwersten Körperverletzungsdelikten gehören die Körperverletzung mit Todesfolge und die absichtlich schwere Körperverletzung.
In diesem Beitrag soll jedoch bloß interessieren, ab wann überhaupt von einer Körperverletzung im rechtlichen Sinn, nach dem StGB, gesprochen werden kann. Oder mit anderen Worten: Ab welcher Verletzung am Körper eines Fremden macht man sich strafbar?
Der rechtliche Begriff
Geschützt ist die körperliche Unversehrtheit und Gesundheit.
Von der Intensität des Angriffs auf einen Anderen ist zunächst von einer „Misshandlung“ auszugehen. Eine Misshandlung ist nach dem StGB nicht als Körperverletzung strafbar. Achtung: In anderen Rechtsordnungen, zum Beispiel jener der Bundesrepublik Deutschland, ist dies anders.
Misshandlung
Eine Misshandlung ist zum Beispiel das Abschneiden von Barthaaren oder von Kopfhaar. Solange eine unerhebliche Beeinträchtigung des fremden menschlichen Körpers vorliegt, liegt eine Misshandlung vor. Neben den eben genannten Beispielen gehören dazu kurzfristige Hautrötungen (zum Beispiel nach einer Ohrfeige) oder das Beschmieren mit Farbe (Anmalen mit einem Filzstift).
Misshandlungen sind zwar nicht nach den Bestimmungen über die Körperverletzung strafbar, können wohl aber nach anderen Bestimmungen strafbar sein – zum beispiel als Ehrenbeleidigung.
Körperverletzung (der geringste Grad)
Eine „nicht ganz unerhebliche“ Beeinträchtigung des menschlichen Körpers und somit eine Körperverletzung liegt zum Beispiel vor bei einer linsengroßen Hautabschürfung, einer Blutunterlaufung, Verstauchung, Prellung oder auch bei kurzem Nasenbluten.
Weder eine äußere Sichtbarkeit (etwa bei inneren Verletzungen) noch längere Dauer oder Irreversibilität ist erforderlich. Auch Schmerzen sind nicht notwendig, wenngleich oft eine Begleiterscheinung einer Körperverletzung. Näheres siehe auch hier: https://www.ris.bka.gv.at/
Gesundheitsschädigung
Als Gesundheitsschädigung wird die Herbeiführung oder Verschlimmerung einer Krankheit verstanden, wobei neben körperlichen auch geistig-seelische Leiden in Frage kommen.
Psychische Belastungen können etwa posttraumatische Belastungsstörungen sein. Alle psychischen Beeinträchtigungen müssen jedoch „Krankheitswert“ im medizinischen Sinn haben.
Häufige Fälle einer Gesundheitsbeeinträchtigung sind betäubungs- oder Rauschzustände, die von einem Dritten (dem Täter) verursacht werden. Hier ist in der Praxis an das Verabreichen von KO-Tropfen zu denken. Dazu ein Beispiel aus der Praxis: https://rechtsanwalt-strobl.at/2015/01/11/liquid-ecstasy-gilt-ab-01-01-2015-als-suchtgift/
Weitere rechtliche Erfordernisse
Täter einer Körperverletzung ist jemand dann, wenn er zusätzlich zu dem eben erörterten Erfolg (der Körperverletzung) diesen verursacht hat, ein sozial inadäquat gefährliches Verhalten gesetzt hat, ihm der Erfolg (die Körperverletzung) objektiv zuzurechenbar ist und er vorsätzlich handelte.
Vorsatz – das Problem. Ein Beispiel
Hier wird es jedoch kompliziert, wenn der Täter keinen Vorsatz hatte. Zu denken ist dann daran, dass er die Körperverletzung fahrlässig beging. Ein praktisches Beispiel: Der A stellt dem B ein Bein und rechnet damit, dass der B weich in die Wiese fällt. Der B soll dadurch einen Schreck erleiden und ihm der Sturz ein klein wenig „weh tun“. – Doch beim Sturz erleidet der B eine blutende Wunde an der Hand. Der B ist zweifellos am Körper verletzt (im Sinne des StGB).
Der A handelte hier nicht vorsätzlich. Es würde jedoch für den Vorsatz bereits ausreichen, wenn der A es ernstlich für möglich gehalten hätte, dass der B sich verletzt, und sich damit abgefunden hat. Wenn dies nicht der Fall war, kommt folgende rechtliche Konstruktion zur Anwendung:
Vorsatz-Fahrlässigkeits-Kombination = Körperverletzung
Im eben genannten Beispiel handelte A vorsätzlich um eine Misshandlung („wehtun“; Schrecken einjagen; Beeinträchtigung) des B zu verursachen. Entgegen dem fehlenden Wissen und Wollen (Vorsatz) oder dem ernstlich für möglich Halten und sich damit Abfinden (Eventualvorsatz) wird B jedoch verletzt. Die Verletzung ist dem A zweifellos zuzurechnen.
Wenn dem Täter, der durch eine vorsätzliche körperliche Misshandlung eine Verletzung am Körper oder eine Gesundheitsschädigung herbeigeführt hat, in Bezug auf diese Erfolge kein Vorsatz, wohl aber Fahrlässigkeit nachweisbar ist, ist er dennoch für die Körperverletzung zu bestrafen.