Dem Angeklagten war vorgeworfen worden, Kokain im „Dark-Net“ bestellt zu haben. Dies sollte per Post an ihn gesendet werden.
Die potentiell jedem drohende Kuriosität: Eine Ladung der Polizei zu einer Vernehmung zu kommen, wird einem unbescholtenen Bürger zugestellt. Die Angaben auf der Ladung zum Gegenstand der Vernehmung sind vage bis gar nicht vorhanden. Spätestens hier sollten beim betroffenen, hier dem Beschuldigten, sämtliche Alarmglocken läuten und ein auf Strafrecht spezialisierter Rechtsanwalt oder Verteidiger in Strafsachen zu Rate gezogen werden.
Glücklicherweise hatte im konkreten Fall der Beschuldigte auch so gehandelt. Daher wurde zuerst erhoben, was denn Gegenstand der Vernehmung sei: Die Bestellung von 1,5 Gramm Kokain via „Dark-Net“.
Nach erlangter Aktenabschrift stellte sich der Beschuldigte seiner Vernehmung bei der Polizei. Seien Angaben blieben vage – genau so, wie die Verdachtsmomente vage waren: ein Name auf der Postsendung, die das Kokain enthielt, der nicht ident, aber ähnlich, mit dem Namen des Beschuldigten war und die Adresse des Beschuldigten. Abgefangen wurde die Postwurfsendung jedoch bereits in der Post-Logistik des Flughafens.
Die Staatsanwaltschaft griff zu einer einfachen Lösung, einer „Mittellösung“ indem sie, obwohl der Beschuldigte geleugnet hatte, diese Bestellung getätigt zu haben und bot einen „vorläufigen Rücktritt von der Verfolgung“ gem § 35 Abs 9 SMG an. Diese Bestimmung lautet:
„Im Fall eines Abtretungsberichts hat die Staatsanwaltschaft, sofern sie nicht noch eine weitere Klärung des Sachverhalts für erforderlich hält, von der Verfolgung unmittelbar vorläufig zurückzutreten. Dies ist dem Beschuldigten unter Hinweis auf die Fortsetzungsgründe mitzuteilen.“
Nach den Gesetzesmaterialien handelt es sich bei diesem Rücktritt um eine besondere Form der Verfahrenseinstellung, die zwischen der Einstellung wegen Geringfügigkeit und der Einstellung auf Probezeit, also einer Art „Diversion“, eingegliedert werden kann.
Einer Vormerkung hätte sich der Angeklagte jedoch sicher sein können, weshalb ihm nicht geraten werden konnte, dieses Angebot anzunehmen. Daher wurde ein Fortsetzungsantrag gestellt, der eine Hauptverhandlung vor einem Gericht zu Folge hatte. Das Ziel war klar: Freispruch – eine unbescholtene und unschuldige Person muss in den Genuss eines unvoreingenommenen Staatsapparates kommen und darf nicht vorgemerkt sein.
Daher hatte sich der Angeklagte vor Gericht zu verantworten und konnte dort durch eine überzeugende Aussage und Dokumentation der Begleitumstände das Gericht von seiner Unschuld zweifelsfrei überzeugen.